Nach Streit zwischen Hundehalterin und Jägern Aufenthalt in der freien Landschaft – wo sind die Grenzen?

| | 18.08.2023 17:03 Uhr | 1 Kommentar | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Eine Spaziergängerin auf einem befestigten Weg in der Natur. Wo dürfen sich Erholungssuchende in der freien Landschaft aufhalten, wo sind die Grenzen. Foto: pixabay
Eine Spaziergängerin auf einem befestigten Weg in der Natur. Wo dürfen sich Erholungssuchende in der freien Landschaft aufhalten, wo sind die Grenzen. Foto: pixabay
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Im Zusammenhang mit dem Streit in Bibelte zwischen einer Hundehalterin und Jägern fielen Begriffe wie „freie Landschaft“ und Betretungsrecht. Wer darf zur Erholung Wald, Wiesen und Felder betreten?

Saterland/Region - Nach einem Streit zwischen einer Hundehalterin und Jägern in Bibelte im nördlichen Saterland wurde auch über die Anleinpflicht für Hunde berichtet. In Niedersachsen besteht eine generelle Leinenpflicht für Hunde in der freien Landschaft in der Zeit von dem 1. April bis zum 15. Juli. Sie dient dem Schutz von Wildtieren. In dem Zusammenhang fällt der Begriff freie Landschaft und es ist von einem Betretungsrecht von Wald, Wiesen und Feldern die Rede. Dieses Betretungsrecht gilt selbstverständlich nicht nur für Hundehalter und Spaziergänger. Was genau bedeutet freies Betretungsrecht und wo sind die Grenzen? Was ist mit dem Betreten von Deichen? Wir haben nachgefragt.

Grundsätzlich können in Deutschland alle Erholungssuchenden den Wald und die offene Landschaft betreten. „Der bundeseinheitliche Grundsatz, dass das Betreten der freien Landschaft zum Zwecke der Erholung allen gestattet ist, findet sich im § 59 Absatz 1 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (BNatSchG) und im § 14 Absatz 1 Bundeswaldgesetz (BWaldG)“, teilte eine Sprecherin des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Hannover auf Anfrage mit.

Unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern

Es gelten allerdings in den Bundesländern unter Umständen unterschiedliche Regelungen. Darauf weist die Ministeriumssprecherin auch hin: „Im Übrigen richtet sich das Betreten nach den Waldgesetzen der Länder oder nach sonstigem Landesrecht. Die Länder haben beispielsweise die Befugnis Einzelheiten zu regeln oder das Betretensrecht zur Wahrung anderer schutzwürdiger Interessen einzuschränken (§§ 59 Absatz 2 BNatSchG und 14 Absatz 2 BWaldG).“ In den jeweiligen Ländern erfolge eine Konkretisierung des bundeseinheitlichen Grundsatzes, weshalb das Betretensrecht im Detail in unterschiedlichen Bundesländern unterschiedlich geregelt sein kann.

Im Bundesnaturschutzgesetz steht in Kapitel 7 (Erholung in Natur und Landschaft): „Das Betreten der freien Landschaft auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen zum Zweck der Erholung ist allen gestattet.“ Aber dieses freie Betretungsrecht hat selbstverständlich auch Grenzen. Das steht auch in dem Gesetz: „Das Betreten des Waldes richtet sich nach dem Bundeswaldgesetz und den Waldgesetzen der Länder sowie im Übrigen nach dem sonstigen Landesrecht. Es kann insbesondere andere Benutzungsarten ganz oder teilweise dem Betreten gleichstellen sowie das Betreten aus wichtigen Gründen, insbesondere aus solchen des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Feldschutzes und der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung, zum Schutz der Erholungsuchenden, zur Vermeidung erheblicher Schäden oder zur Wahrung anderer schutzwürdiger Interessen des Grundstücksbesitzers einschränken.“

Das gilt in Niedersachsen

In Niedersachsen hat der Gesetzgeber nach § 23 (Absatz 2) des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung (NWaldLG) Flächen von besonderem forst- oder landwirtschaftlichen Schutzinteresse vom allgemeinen Betretungsrecht ausgenommen. Das betrifft zahlreiche landwirtschaftliche Flächen zu bestimmten Jahreszeiten. Dabei ist es egal, ob der Grundstückseigentümer die Flächen eingezäunt hat oder nicht.

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In dem Gesetz heißt es: „Nicht betreten werden dürfen Waldkulturen, Walddickungen, Waldbaumschulen sowie Flächen, auf denen Holz eingeschlagen wird, Äcker in der Zeit vom Beginn ihrer Bestellung bis zum Ende der Ernte und Wiesen während der Aufwuchszeit und Weiden während der Aufwuchs- oder Weidezeit. Betreten im Sinne dieses Gesetzes ist das Begehen. Für das Fahren mit Rädern und motorisierten Fahrzeugen sowie das Reiten gelten weitere Regeln.

Ist ein Spaziergang auf dem Deich erlaubt?

Was ist mit einem Spaziergang über Deiche? Ist das gestattet? Ralf Kolter vom Leda-Jümme-Verband verweist auf Anfrage auf das Niedersächsische Deichgesetz: Dort steht unter § 14 (Absatz 1) eine eindeutige Antwort: Jede Benutzung des Deiches (Nutzung und Benutzen), außer zum Zweck der Deicherhaltung durch ihren Träger, ist verboten. Das gilt entsprechend für natürliche Bodenerhebungen, die im Zuge eines Deiches liegen und dessen Zweck erfüllen.“ Ausnahmen gibt es, so Kolter. Es gibt Deiche, wo oben Fußwege angelegt sind, oder Deichverteidigungswege, die als Straßen gewidmet sind.

Dürfen Jäger Privatgrundstücke betreten?

Zum Abschluss: Was dürfen Jäger? Wo dürfen die sich in der freien Landschaft bewegen? „Generell darf ein Jagdausübungsberechtigter entsprechend des Niedersächsischen Jagdgesetzes (NJagdG) das Jagdrecht in seinem Jagdbezirk ausüben“, teilte Pressesprecher Frank Beumker vom Landkreis Cloppenburg auf Anfrage mit. Dazu gehöre 1. das Wild zu hegen, 2. das Wild aufzusuchen, ihm nachzustellen, es zu erlegen und zu fangen und 3. sich das Wild anzueignen.

Hiervon ausgenommen seien befriedete Bezirke. Das sind zum Beispiel Gebäude, Hofräume und Hausgärten. Grund: In befriedeten Bezirken ruht die Jagd nach dem Bundesjagdgesetz (BJagdG). Beumker: „Allerdings dürfen zum Töten von krankgeschossenem Wild oder übergewechseltem schwerkrankem Wild befriedete Bezirke nach dem Niedersächsischen Jagdgesetz betreten werden.“