GA-Weihnachtsaktion Erst war er Kunde, jetzt teilt er freitags selber aus

| | 09.12.2022 08:14 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Tafelchef Egon Plaisier und Ehrenamtlerin Anne Rother packen Körbe für die Kunden. Freitags hilft dabei der junge Mann, der früher selber Kunde war. Foto: Janßen
Tafelchef Egon Plaisier und Ehrenamtlerin Anne Rother packen Körbe für die Kunden. Freitags hilft dabei der junge Mann, der früher selber Kunde war. Foto: Janßen
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Ende 2020 war der junge Mann plötzlich Hartz-4-Empfänger – zum Glück nur kurze Zeit. Die habe ihm aber gezeigt, „wie wichtig die Rhauderfehner Tafel ist.“

Klostermoor - Er kennt die Tafel von beiden Seiten der Theke: Der junge Mann, der freitags bei der Ausgabe der Lebensmittel hilft, war vor einiger Zeit selbst auf die Essenspakete angewiesen. Jetzt sitzt er in der Küche der Einrichtung in Klostermoor, wo das Gespräch mit der Zeitung stattfindet. Im Bericht möchte er anonym bleiben. Aber er will erzählen, für wie wichtig er die Tafel-Arbeit hält.

„Es war 2020, Anfang Dezember“, sagt der Mann. Eine verpatzte Prüfung, ein verpasster Start ins Berufsleben. „Von einem Tag auf den anderen war ich Hartz-4-Empfänger.“ Mit Sozialhilfe und Tafel habe er bis dahin überhaupt keine Berührungspunkte gehabt. „Aber ich wusste nicht, was ich machen soll, wie ich klarkommen soll. Ich habe bei der Tafel in Rhauderfehn angerufen und durfte gleich vorbeikommen“, erzählt er. „Mir war das wirklich unangenehm – dass ich in so eine Situation überhaupt hineingerutscht war.“ Das habe sich dann aber gelegt, weil Tafelleiter Egon Plaisier und das Team sehr freundlich und nicht von oben-herab seien.

„Ich war erleichtert, Hilfe zu bekommen“

„Ich war so froh, dass es dieses Angebot gibt. Ich wäre ohne zwar wohl nicht verhungert. Ich habe eine Familie im Rücken und die Situation hat auch nicht so lange angedauert. Aber bei vielen Kunden ist da ja nicht so. Und auch für mich muss sich sagen: Ich hätte gewaltige Einschränkungen hinnehmen müssen. Das wäre sehr knapp geworden. Ich war erleichtert, dass ich hier Hilfe bekommen habe“, erzählt er.

Zum Glück habe sich seine Situation schnell gewandelt. Der junge Mann hat eine Stelle gefunden, brauchte die Hilfe der Tafel nicht mehr. Es habe dann eine Weile gedauert, bis er im Job richtig angekommen sei., „Dann hab ich überlegt was ich machen kann. Es klingt vielleicht platt, aber ich wollte etwas zurückgeben.“ So meldete er sich als Ehrenamtler. Immer freitags, nach der Arbeit, hilft er bei der Lebensmittelausgabe. „Das wird zeitlich eng für mich. Aber die Arbeit hier ist mir wichtig. Sie ist erfüllend. Ich gehe hier entspannt raus.“

Viele sind längerfristig auf Tafel angewiesen

Er macht es heute so, wie er es selbst erlebt hat: „Man hat mich nicht behandelt wie einen armen Bedürftigen, sondern wie einen Kunden. So mache ich das auch. Und ich merke, dass viele der Kunden, so wie in damals, dankbar sind, dass es die Tafel gibt.“ Er komme oft mit den Kunden ins Gespräch. Viele seien längerfristig auf die Lebensmittelspenden angewiesene Leute, die nicht arbeitsfähig seien, weil sie ein Handicap haben, Alleinerziehende, ältere Menschen. „Es sind Leute, die nicht in dieser Situation sein möchten, aber da nicht herauskommen.“

Im Tafel-Lager stehen Lebensmittel, die gespendet wurden oder von den Läden als Ausschuss weitergegeben wurden. Sie müssen ständig durchsortiert werden. Regelmäßig werden in Klostermoor rund 640 Menschen versorgt. Foto: Janßen
Im Tafel-Lager stehen Lebensmittel, die gespendet wurden oder von den Läden als Ausschuss weitergegeben wurden. Sie müssen ständig durchsortiert werden. Regelmäßig werden in Klostermoor rund 640 Menschen versorgt. Foto: Janßen

642 Menschen, erzählt Tafelchef Egon Plaisier, werden mittlerweile von der Rhauderfehner Tafel mit Lebensmittelpaketen versorgt. Eigentlich gehe die Ausgabe von 15 bis 18 Uhr. „Aber meist sind wir bis 19 Uhr beschäftigt, manchmal sind wir um 20.30 Uhr noch da.“ Kraft ziehen er und die Ehrenamtler aus kleinen Momenten: „Da gibt es zum Beispiel einen kleinen Jungen, der sich wahnsinnig freut, wenn wir ihm mal Süßes zustecken. Wenn der vor Freude auf und ab hüpft, ist der Tag gerettet.“ So geht es auch dem Freitags-Helfer, der mal Kunde war: „Und ich kann dann immer gut nachvollziehen, dass die Leute glücklich sind.“ Was die Tafel leiste, sei bemerkenswert. „Die Ehrenamtler sind jeden Tag viele Stunden im Einsatz. Als Außenstehender sieht man das ja gar nicht.“

Die diesjährige Weihnachtsspendenaktion des Hilfswerks „Ein Herz für Ostfriesland“, zu dem der GA gehört, kommt den Tafeln vor Ort zu Gute. Wer helfen möchte, hier ist das Spendenkonto: Ein Herz für Ostfriesland gGmbH, IBAN: DE 08 2859 1654 0032 651804, Volksbank Westrhauderfehn, Stichwort: GA-Weihnachtsspendenaktion.

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