Weihnachtsaktion

Seit acht Jahren unterstützt er Familien

Elke Wieking
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Von Elke Wieking
| 29.12.2020 16:03 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Walter Hußmann aus Sedelsberg ist einer der wenigen Männer, die Familien mit einem schwerstkranken Kind begleiten. Der 69-Jährige kümmert sich dabei um die Geschwister.

Sedelsberg - Walter Hußmann ist ein viel beschäftigter Mann – obwohl der Sedelsberger längst im Ruhestand ist. Der ehemalige Kaufmann hat viele Hobbys: Er fotografiert gern, hilft seiner Frau, die Physiotherapeutin ist, er meditiert, macht Reiki, Yoga, Zen, ist Wünschelrutengänger und im Zeichen des Skorpions, einem imposanten Sternbild am Himmel, geboren. Hußmann singt auch und hört am liebsten spirituelle Konzerte. Auf Familienfesten bringt er als Hobbyclown Groß und Klein zum Lachen.

Aber Walter Hußmann ist auch einer der wenigen Männer, die ehrenamtlich als Hospizbegleiter arbeiten. In der ambulanten Hospizgruppe Friesoythe-Barßel-Saterland, die zwölf aktive Mitglieder hat, ist er einer von zwei Männern. Marlies Steenken, die die Ausbilderin der ehrenamtlichen Gruppe des Malteser Hilfsdienstes Friesoythe ist, kann sich nicht wirklich erklären, warum Männer diese Ausbildung seltener als Frauen machen. Sie mutmaßt, dass es Frauen leichter fällt, Emotionen zuzulassen und mit ihnen umzugehen. Bei sich und anderen.

Anfänger treten auch mal ins Fettnäpfchen

Damit, sagt Walter Hußmann, habe er kein Problem. Seit acht Jahren begleitet er Familien, die ein schwerstkrankes Kind pflegen. Wer sich wie Hußmann darauf einlässt, muss damit rechnen, dass die Begleitung lange dauern kann, nämlich bis zum Schluss. Also bis zum Tod des Kindes. Die längste Zeit, die der 69-Jährige eine Familie begleitete, waren zwei Jahre.

In die Familie gehen immer zwei Begleiter, die die sich abwechseln. Das entlastet die Ehrenamtlichen einerseits, andererseits können sie sich so auch austauschen über Beobachtungen und Einschätzungen von Situationen. Denn gerade Anfänger, weiß Hußmann, könnten schnell mal ins Fettnäpfchen treten. Hußmann, der selbst keine Kinder hat, kümmert sich nicht um das Kind oder den Jugendlichen mit der begrenzten Lebenserfahrung, sondern um die Geschwister. Dabei hat er festgestellt, dass es gerade Jungen gut tut, mal einen Mann an ihrer Seite zu haben.

Authentizität ist ihm wichtig

Er sei schon immer sehr sensibel gewesen, sagt der Sedelsberger von sich, und meint damit, dass er ein feines Gespür hat. Und zwar nicht nur für Wasseradern, sondern auch für soziale Gefüge. Hußmann will authentisch rüberkommen, er möchte aber auch, dass die anderen ihm gegenüber nach und nach „ihre Maske“ ablegen. Einmal habe er eine Familie abgelehnt, weil dort mit aller Macht die Fassade aufrecht erhalten worden sei. So, fand er, könne er niemandem zur Seite stehen.

Kinder und Jugendliche begleiten, Ausflüge machen, sorglose Stunden verbringen, Wünsche erfüllen – miteinander reden: Das ist Hußmanns Aufgabe. Denn Geschwister hätten oft Fragen, mit denen sie ihre Eltern nicht belasten wollten. Die Geschwister, das weiß auch Marlies Steenken, würden oft in der angespannten Situation untergehen, weil die Pflege des schwerstkranken Kindes viel Energie brauche und alles überschatte.

„Kann ich mal mit dir reden?“

Hier kommt Walter Hußmann ins Spiel. Er steht den Geschwistern Rede und Antwort. Dass ein Kind Vertrauen zu ihm gefasst habe, merke er an dem Zusatz „Aber nicht Mama sagen!“, sagt Hußmann und lächelt. Sei das Eis gebrochen, würden sich Kinder und Jugendliche manchmal von selbst melden oder fragen: „Kann ich mal mit dir reden?“

Damit Hußmann die Sorgen und Probleme der Familien nicht mit nach Hause nimmt, hat er gelernt, sich abzugrenzen. „Ich kann nicht meine Emotionen da reingeben, sonst bin ich bald selbst kaputt“, sagt der 69-Jährige. Um Maß und Mitte zu finden und zu halten, gibt es die Supervision. Dort können die Ehrenamtlichen bei Profis Rat suchen und aufarbeiten, was sie beschäftigt oder belastet.

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