Aurich/Oldenburg

Wie ein Auricher im Bauhaus seine Heimat fand

| 08.06.2020 20:34 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Der Auricher Hin Bredendieck gehört zu den einflussreichsten Vermittler der Bauhaus-Ideen in Amerika in der Nachkriegszeit. Das Landesmuseum Oldenburg kaufte 2019 den Nachlass des Ostfriesen. Nun veröffentlichte das Museum ein Buch.

Aurich/Oldenburg - Lange blieb der aus Aurich stammende Bauhäusler Hin Bredendieck (1904-1995) in der Kunstgeschichte eine Randfigur. Dabei stehen sein Leben und Werk exemplarisch für Erfolg, Emigration und internationale Verbreitung der am Bauhaus entwickelten Design-Ideen.

Bredendieck hatte eine Vorliebe für klare Linien und gute Funktionalität – ohne Schnörkel und Ornamente, die die Funktion eines Möbelstücks einschränken. Schon mit 14 Jahren begann Bredendieck eine Lehre als Tischler in einem Auricher Betrieb. Schnell stand für ihn fest, dass er im Anschluss eine Fachschule besuchen wollte. Doch sowohl bei der Kunstgewerbeschule in Stuttgart als auch bei der in Hamburg warf Bredendieck vorzeitig das Handtuch. Erst 1927 fand der Auricher seine geistige Heimat beim Bauhaus in Dessau, wo er bis 1930 studierte. Dort konnte er seine Vision von schnörkellosen Möbeln und Gebrauchsgegenständen umsetzen. „Ich war plötzlich ,in‘ und fühlte mich vollkommen akzeptiert“, notierte der Designer in seinen Erinnerungen. 1937 emigrierte er in die USA, wo er am New Bauhaus Chicago einen Lehrauftrag erhielt. Als Gründungsdirektor des Instituts für Industriedesign am Georgia Institute of Technology in Atlanta wurde er in der Nachkriegszeit zu einem der einflussreichsten Vermittler der Bauhaus-Ideen in Amerika. In einem dreijährigen Forschungsprojekt widmete sich das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg der Wiederentdeckung von Leben und Werk Bredendiecks und der Bearbeitung seines Nachlasses. Bereits 2019 fasste die Ausstellung „Zwischen Utopie und Anpassung – Das Bauhaus in Oldenburg“ erstmals seine Biografie in den Blick. Nun präsentiert das Museum das gesamte Leben und Werk des Bauhäuslers in der umfangreichen Forschungspublikation „Hin Bredendieck – Von Aurich nach Atlanta“.

Bredendieck wanderte aus

Seine vielseitigen Tätigkeiten und Kontakte verdeutlichen die internationale Relevanz des Designers und Pädagogen aus Ostfriesland, teilt das Landesmuseum mit. Die Publikation biete zahlreiche Erstveröffentlichungen von Dokumenten, Skizzen, Entwürfen und Fotografien. Kurze Insert-Texte beleuchten Aspekte wie Bredendiecks Unterricht bei Paul Klee und Oskar Schlemmer sowie seine Stuhlentwürfe für die Metallwerkstatt am Bauhaus. Auch das Werk der amerikanischen Künstlerin Virginia Tooker, Bredendiecks erster Ehefrau, wird in diesem Band erstmals präsentiert.

Die Grundlage für die Aufarbeitung des Lebens Hin Bredendiecks bildet eine einmalige Entdeckung: Im Rahmen des Forschungsprojekts konnte im Frühjahr 2018 der bis dato unbekannte Teilnachlass Bredendiecks in Familienbesitz ausfindig gemacht werden. Die Zersplitterung und jahrzehntelange Unzugänglichkeit dieses Nachlasses hatte ebenso zu der mangelnden Beachtung Bredendiecks beigetragen wie die für viele Emigranten typische Zerstreuung seiner Lebensspuren, Nachwirkungen und Schaffenszeugnisse. Das bedeutende Nachlasskonvolut umfasst Dokumente aller Schaffensphasen, heißt es in der Mitteilung. Im Frühjahr 2018 wurde der Nachlass zunächst als Dauerleihgabe ins Landesmuseum gebracht. In Oldenburg wurde es grundlegend systematisiert, in eine chronologische Ordnung gebracht und verzeichnet. Erst im April 2019 konnte der Bestand vom Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte erworben werden.

Das Buch gibt es im Landesmuseum

Die Bearbeitung von Leben und Werk Hin Bredendiecks und die nun erschienene erste Monografie über den Designer wurden ermöglicht durch die Alfried-Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung, die Rudolf-August-Oetker-Stiftung, die Waldemar-Koch-Stiftung und die Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. „Wir freuen uns sehr, zum Erscheinen der Monografie des in der Öffentlichkeit wenig bekannten Bauhauskünstlers Hin Bredendieck beigetragen zu haben“, so Dr. Monika Bachtler von der Rudolf-August-Oetker-Stiftung.

Das Buch „Hin Bredendieck – Von Aurich nach Atlanta“ wurde von Gloria Köpnick bearbeitet und enthält Beiträge von Rainer Stamm. Es umfasst 280 Seiten mit zahlreichen Abbildungen. Das Buch kostet 49,90 Euro. Es ist erhältlich an den Museumskassen des Landesmuseums oder per E-Mail unter info@landesmuseum-ol.de.

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