Weihnachtsaktion 2025 Ein Tag in der wichtigsten Küche Emdens
„Wer Hunger hat, kriegt zu essen.“ So simpel geht es in der Küche des Emder Tagesaufenthalts für Wohnungslose zu. Volontärin Deike Terhorst hat sich einen Vormittag lang als Küchenhilfe versucht.
Emden - Montag, 9.30 Uhr. Mein Magen hat gerade erst das Frühstück verdaut, nun soll ich schon über das Mittagessen nachdenken. Denn heute geht es darum, Notleidenden in Emden etwas Leckeres auf den Teller zu zaubern. In der Küche des Tagesaufenthalts für Wohnungslose, den „Ein Herz für Ostfriesland“ in diesem Advent mit einer Spendenaktion unterstützt, werden unter anderem warme Mahlzeiten zubereitet – und ich darf mit anpacken. Dafür soll ich in mich in einer halben Stunde an der Hansastraße einfinden. Mal sehen, ob ich mit meiner rudimentären Gastro-Erfahrung, gesammelt auf Schützenfesten und in Pommesbuden, von Nutzen sein kann.
„Wer Hunger hat, kriegt zu essen“
Vor Ort nehmen Leiter Andy Dannecker und Küchenkraft Torsten Jarraß mich in Empfang und führen mich in das Herz der Einrichtung. In der Küche läuft nicht nur ein Radio, sondern auch eine riesige Kaffeemaschine. In einem Glaskühlschrank stehen für die Besucher des Tagesaufenthalts Wurst- und Käsebrötchen bereit. „Typisch ostfriesisch gibt es auch immer eine Tasse Tee“, sagt Dannecker. Die Preise für Getränke, belegte Brötchen und warme Mahlzeiten liegen zwischen 30 Cent und zwei Euro. Dieser geringe Betrag sei nur durch Spenden möglich, erklärt Dannecker. Und was, wenn jemand nicht einmal dieses Geld hat? „Natürlich lassen wir diese Person nicht hungern. Das ist unser diakonischer Auftrag: Wer Hunger hat, kriegt zu essen.“
Die Mitarbeiter des Emder Tagesaufenthalts betreuen täglich rund 70 Menschen, aktuell sind circa 20 Leute da. Viele wirken erschöpft von der kalten Nacht im Freien. Ein warmes Gefühl im Magen verschafft ihnen täglich Torsten Jarraß. Der 46-Jährige kam vor 25 Jahren nach Emden. Geboren in Sachsen-Anhalt, verbrachte er seine Jugend in Berlin. „Ich habe immer wieder Ärger angezogen“, erinnert sich Torsten. Durch eine Mailfreundschaft kam er schließlich für einen dreiwöchigen Besuch nach Emden. „Das fand ich total toll, hier hatte ich keinen Stress.“ Also entschied er sich Ende 2000, in die Seehafenstadt überzusiedeln. Einen Rückzug in die Hauptstadt habe er nie in Erwägung gezogen.
Von der Straße in die Küche
Torsten weiß, was die Menschen durchmachen, mit denen er täglich zu tun hat. 2007 verlor er selbst seine Wohnung und kam so mit dem Tagesaufenthalt in Verbindung. Ein Jahr später begann er, in der Einrichtung zu arbeiten – erst als Ehrenamtlicher, dann als Ein-Euro-Jobber. Kaum ein Besucher des Aufenthalts ist so lange hier wie Torsten.
Als sein Vorgänger in Rente ging, übernahm er als fester Angestellter die Verantwortung für die Küche, deren Betrieb nur durch einen finanziellen Zuschuss der Stadt möglich ist. „Ich wurde gefragt, ob ich mir das zutraue, und ich habe sofort zugesagt.“ Gelernt habe er zwar Maler und Lackierer: „Aber was sollte schon schiefgehen?“ Gar nichts, seit mittlerweile zwölf Jahren schwingt Torsten täglich den Kochlöffel für rund 30 Personen. Wenn er krank ist oder Urlaub hat, springen die Kollegen aus dem Büro ein. „Hier muss man schon kochen können. Das ist quasi ein Einstellungskriterium“, sagt der Wahl-Emder grinsend. Während wir uns unterhalten, lassen sich gelegentlich neugierige Besucher an der Durchreiche blicken. Stets lautet die Frage: „Was gibt es zu essen?“ Ich muss schmunzeln – das ist ja fast wie zu Hause hier.
Fleisch ist mein Gemüse
Heute wird Brathering mit Kartoffeln und Dillsoße serviert. Zum Nachtisch gibt es Mandarinen. Während ich Getränke und Brötchen verkaufe und zwischendurch die Industriespülmaschine einräume, frage ich Torsten, was die Gäste des Tagesaufenthalts besonders gern essen. „Alles mit Fleisch“, sagt der Koch. „Deswegen ist unser Weihnachtsessen auch so beliebt – dann gibt’s Rouladen.“ Das Festessen an Heiligabend hat im Emder Tagesaufenthalt Tradition. Zu den Rouladen werden Rotkohl aufgetischt sowie Kartoffeln, Soße und Nachtisch. Jeder Gast erhält zudem eine Weihnachtstüte, gefüllt mit Handschuhen, Tee, Kaffee, Schokolade oder einem Glas Marmelade. „Es kommt immer drauf an, was gerade da ist“, erklärt Einrichtungsleiter Andy Dannecker.
Während Torsten die Soße anrührt, ist es zu meiner Hauptaufgabe geworden, Post an die Besucher auszugeben. Dabei wird mir klar, wie gut die Mitarbeiter des Tagesaufenthalts ihre Schützlinge kennen. Keiner muss hier seinen Namen nennen, manchmal noch nicht einmal, was er oder sie gerade braucht – den Besuchern der Hansastraße 2 wird fast jeder Wunsch von der Nase abgelesen. So wird manchmal verwirrt geschaut, wenn ich als Tagespraktikantin auf die Frage „Ist Post für mich da?“ mit der Gegenfrage „Wie heißt du denn?“ antworte.
Kneipenschnauze? Kein Problem!
Um 12.30 Uhr heißt es dann: Essen fassen. Vor der Küche haben sich bereits einige hungrige Besucher versammelt. Torsten bereitet die Teller vor, die ich durch die Durchreiche ausgebe und dafür jeweils zwei Euro entgegennehme. Schnell stelle ich fest: Die Zeit in Festzelten und Pommeswagen macht sich bezahlt. Im Emder Tagesaufenthalt wird nämlich gern herumgeflachst – als Scherzkeks füge ich mich also nahtlos ein. „Hier darf man nicht auf den Mund gefallen sein“, hat Einrichtungsleiter Andy Dannecker mir bereits zuvor erklärt. „Bei uns wird Kneipenschnauze gesprochen.“
Mit Fisk, Tuffels und Sooß ausgestattet, suchen sich die Besucher einen Platz im Speisezimmer – den einzigen Raum im Tagesaufenthalt, in dem nicht geraucht werden darf. Wer nicht hier essen möchte, kann sich seine Mahlzeit in einer Alu-Schale mitnehmen. In Windeseile sind die Teller leer gefegt. Ich räume ein letztes Mal die Spülmaschine ein und trete dann den Rückweg an den Redaktionsschreibtisch in Leer an – froh darüber, dass ich mit meinem kleinen Praktikum die so wichtige Arbeit des Emder Tagesaufenthalts unterstützen konnte.
GA-Weihnachtsaktion 2025
Spendenkonto: Ein Herz für Ostfriesland gGmbH IBAN: DE89 2802 0050 7016 6111 01 Oldenburgische Landesbank AG Stichwort: GA Weihnachtsaktion 2025 Sie können hier auch über PayPal spenden. Ob fünf oder 500 Euro – jede Spende ist willkommen. Die Spendernamen werden bei der Weihnachtsaktion veröffentlicht. Wenn Sie spenden, aber nicht genannt werden wollen, vermerken Sie das bitte. Die Verwaltungskosten werden von der Zeitungsgruppe Ostfriesland getragen. Bei Beträgen ab 199 Euro kann per E-Mail an info@einherzfuerostfriesland.de eine Spendenquittung beantragt werden.