Weihnachtsaktion 2025 „Straßenanker“ ist bei Wind und Wetter für andere da

| | 13.12.2025 07:05 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Die Helfer von „Straßenanker“ verteilen nicht nur Lebensmittel, sondern auch Tee, Kaffee, Kuchen und eine warme Mahlzeit. Foto: Klaus Ortgies
Die Helfer von „Straßenanker“ verteilen nicht nur Lebensmittel, sondern auch Tee, Kaffee, Kuchen und eine warme Mahlzeit. Foto: Klaus Ortgies
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Im Advent sammelt „Ein Herz für Ostfriesland“ für den Verein „Straßenanker“. Die Ehrenamtlichen verteilen regelmäßig Sachspenden an Bedürftige. Einer von ihnen ist Kai Groen mit seiner Hündin Mamba.

Leer - Es ist Samstag, 13.50 Uhr in Leer. In wenigen Minuten werden die Ehrenamtlichen von „Straßenanker“ Lebensmittel verteilen. Der Verein mit Sitz in Steenfelde kümmert sich um Obdachlose, Bedürftige und Altersarme in Westoverledingen, Rhauderfehn, Leer und im Rheiderland. Die Helfer geben ihre Sachspenden regelmäßig an öffentlichen Standorten aus. Für diese Arbeit benötigt „Straßenanker“ auch finanzielle Ressourcen. Deswegen unterstützt das Hilfswerk „Ein Herz für Ostfriesland“ den Verein zu Weihnachten mit einer Spendenaktion. Dabei arbeitet es mit der Ostfriesen-Zeitung, den Ostfriesischen Nachrichten und dem General-Anzeiger zusammen.

Fast 200 Menschen sind mit Beuteln, Tüten und Taschen gekommen. Foto: Klaus Ortgies
Fast 200 Menschen sind mit Beuteln, Tüten und Taschen gekommen. Foto: Klaus Ortgies

Normalerweise stehen die Helfer zweimal im Monat auf dem Liesel-Aussen-Platz vor dem Zollhaus. Weil es regnet, haben sie sich heute unter dem Vordach des Postbank-Gebäudes postiert. Dort hat sich bereits eine lange Schlange gebildet. Da die Temperaturen alles andere als angenehm sind, haben sich die meisten warm eingepackt: Überall sind Mützen, Schals, Handschuhe und Wintermäntel zu sehen. Insgesamt sind fast 200 Leute mit Beuteln, Plastiktüten und Taschen gekommen.

Seit 10 Jahren ein Team

Einer von ihnen ist Kai Groen. Der 49-jährige Leeraner kommt zu fast jeder Verteilung, stets begleitet von seiner Hündin Mamba. In ihr hat Kai eine treue Gefährtin gefunden. Noch gut erinnert er sich an ihre erste Begegnung: „Mamba hatte schon damals einen starken Beschützerinstinkt. Tag und Nacht hat sie auf die anderen Welpen aufgepasst und selbst kaum geschlafen.“ Daran habe sich bis heute nichts geändert, sagt Kai. „Dann habe ich sie auf den Arm genommen. Sie hat mich angesehen und mir durchs Gesicht geschleckt. Da war’s um mich geschehen.“

Kai Groen und seine Hündin Mamba kommen zu fast jeder Ausgabe. Foto: Klaus Ortgies
Kai Groen und seine Hündin Mamba kommen zu fast jeder Ausgabe. Foto: Klaus Ortgies

Zehn Jahre ist das jetzt her. Seitdem gehen die beiden gemeinsam durch gute und schlechte Zeiten. Derzeit überwiegen wieder letztere. Denn den Container in Nüttermoor, den Kai aktuell mit Mamba bewohnt, muss er bald wieder verlassen. Ähnliches Pech hatte das Duo bereits zuvor. Da in den meisten Übernachtungsheimen für Wohnungslose Hunde nicht erlaubt sind, hatte Kai in der Innenstadt so viel Geld gesammelt, dass er einen alten Wohnwagen für sich und Mamba kaufen konnte. Dieser sei jedoch zerstört worden, sagt er. Außerdem habe jemand Rattengift hineingestreut. Mamba habe es gefressen und nur knapp überlebt.

Stromrechnung führte zu Obdachlosigkeit

Kai erzählt, wie er obdachlos wurde. Er erhielt eine Rechnung von seinem Stromversorger. 14.000 Euro sollte er nachzahlen. Erklären kann er sich das bis heute nicht. Weil er nicht zahlen konnte, sei er aus dem gemieteten Haus geflogen. Danach lebte er rund sieben Jahre auf der Straße. Seine Familie möchte Kai nicht um Hilfe bitten: „Ich bin ein erwachsener Kerl, ich muss allein klarkommen.“ Zu seinen Angehörigen habe er ohnehin kaum Kontakt. „Ich kann nicht deren heile Welt sehen und bei mir ist nichts heile.“

„Nichts heile“ beschreibt auch Kais und Mambas körperlichen Zustand. Während sich die Hündin mit Arthrose quält, kämpft ihr Herrchen mit einer Atemwegserkrankung. „Mein Lungenvolumen liegt nur noch bei 53 Prozent. Ich bin nicht krankenversichert und eine Behandlung kann ich mir nicht leisten.“ Kais sehnlichster Wunsch? Ein eigener Bauwagen mit einem kleinen Trecker. Um das Geld für das Gespann zusammenzubekommen, denkt er darüber nach, in der Fußgängerzone Bilder zu malen. Beruflich hat sich der selbsternannte „Alleskönner“ nämlich auch im künstlerischen Bereich ausprobiert. Verkaufen kann er seine Werke jedoch nicht, dafür müsste er ein Gewerbe anmelden. „Die Leute müssen ihr Geld schon freiwillig geben“, erklärt Kai.

„Auf einmal war sie da“

Ganz offen spricht der 49-Jährige über sein Leben und seine derzeitige Situation. „Mir ist egal, was die Leute denken. Ich habe die Scham schon verloren“, sagt er nüchtern. An den ersten Kontakt mit Ilona van Santen kann sich Kai kaum erinnern. „Auf einmal war sie da, sehr zur Freude von allen. Hey, Ilona“, ruft er lachend zur Vorsitzenden herüber. „Wie haben wir uns kennengelernt?“ „Ich habe dich immer wieder in der Stadt gesehen“, ruft van Santen zurück. „Und dann habe ich dich ewig belabert, damit du zur Suppenküche kommst.“ Diese findet jeden Sonntag im Gemeindehaus der Leeraner Christuskirche statt. Die gelernte Köchin hilft dort schon seit Jahren bei der Essensausgabe. „Manchmal muss man die Leute zu ihrem Glück zwingen“, sagt sie.

Ilona van Santen hat den Verein „Straßenanker“ gegründet. Foto: Klaus Ortgies
Ilona van Santen hat den Verein „Straßenanker“ gegründet. Foto: Klaus Ortgies

Heute koordiniert van Santen die Lebensmittelausgabe beim Zollhaus, die inzwischen begonnen hat. Hier und da bleibt sie stehen, um mit den Besuchern einen Plausch zu halten. Seitdem sie „Straßenanker“ vor fünf Jahren ins Leben gerufen hat, hat die 53-Jährige viele Schicksale begleitet. Mit Blick auf die vielen Senioren, die in der Schlange stehen, sagt sie: „Es kamen schon Leute zu uns, die Katzenfutter gegessen haben. Darunter eine 74-jährige Rentnerin.“

Ein Stutenkerl zum Nikolaustag

Voller Tatendrang haben die Ehrenamtlichen heute im wahrsten Sinne des Wortes „aufgetischt“. Neben Lebensmitteln haben sie Tee und Kaffee aus Pumpkannen, Kuchen vom Blech sowie selbst gemachte Salate und Gegrilltes im Angebot. Passend zum Nikolaustag gibt es für jeden Gast einen Stutenkerl. Duzen ist bei der Ausgabe eine Selbstverständlichkeit, alle nennen sich beim Vornamen. Auch Mamba, die das Treiben aufmerksam beobachtet, wird freundlich begrüßt und gestreichelt.

Nach rund einer Stunde sind alle Tüten und Taschen prall gefüllt, sämtliche Teller und Schüsseln leer gefegt. Nach Angaben von van Santen sei die Menge an Lebensmitteln, die ausgegeben werden können, immer unterschiedlich – die Menge an Personen nicht. „Hier ist jedes Mal wirklich viel los.“ Worüber sich Kai am meisten gefreut hat? „Süßigkeiten“, sagt er und grinst. „Und natürlich über Sachen für Mamba.“

GA-Weihnachtsaktion 2025

Spendenkonto: Ein Herz für Ostfriesland gGmbH

IBAN: DE89 2802 0050 7016 6111 01

Oldenburgische Landesbank AG

Stichwort: GA Weihnachtsaktion 2025

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Ob fünf oder 500 Euro – jede Spende ist willkommen. Die Spendernamen werden bei der Weihnachtsaktion veröffentlicht. Wenn Sie spenden, aber nicht genannt werden wollen, vermerken Sie das bitte. Die Verwaltungskosten werden von der Zeitungsgruppe Ostfriesland getragen. Bei Beträgen ab 199 Euro kann per E-Mail an info@einherzfuerostfriesland.de eine Spendenquittung beantragt werden.

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