Bahn Zu wenig Geld: Neubauprojekte bei der Bahn gefährdet


Es geht um viele Milliarden - die fehlen aber bisher im Bundesetat. Warum der Neubau von Bahnprojekten auf der Strecke bleiben könnte.
Die Bahn bekommt viele zusätzliche Milliarden für die Sanierung des maroden Bestandsnetzes - für Neu- und Ausbauprojekte aber steht in den kommenden Jahren nicht genügend Geld zur Verfügung. Wackeln nun die Projekte oder kommen sie nur mit langer Verzögerung? „Natürlich dürfen wir den gesetzlich beschlossenen und aus verkehrlicher Sicht absolut notwendigen Neu- und Ausbau nicht aus den Augen verlieren“, sagte ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) der Deutschen Presse-Agentur.
Mit Blick auf die Haushaltsverhandlungen und die Finanzplanung bis 2029 sagte er: „Hier haben wir im Prozess deutlich gemacht, dass mit Blick auf die kommenden Haushaltsjahre Nachbesserungsbedarf besteht.“ Der Verband Güterbahnen nannte Neu- und Ausbauprojekte, welche die Kapazitäten steigerten, „unverzichtbar“ für den Schienengüterverkehr, wenn die politisch gewollte Verkehrsverlagerung gelingen solle.

Ministerium hofft auf Haushaltsverhandlungen
Das Verkehrsministerium konnte sich bisher in den Haushaltsverhandlungen in der Bundesregierung mit der Forderung nach zusätzlichen Milliarden für den Neu- und Ausbau von Strecken nicht durchsetzen - die Haushaltsentwürfe 2025 und 2026 sowie die Finanzplanung befinden sich nun im parlamentarischen Verfahren. „Solange der Haushalt nicht beschlossen ist, erübrigen sich Spekulationen zu einzelnen Projekten“, sagte der Sprecher des Bundesverkehrsministeriums.
Das Ressort habe sich bei der Aufstellung der Haushalte für 2025, 2026 und des Sondervermögens intensiv für eine auskömmliche Finanzierung aller Verkehrsträger eingesetzt. Im Ergebnis fließe ein Großteil des neuen Sondervermögens in die Verkehrsinfrastruktur. Mit Blick auf den Zustand unseres Straßen- und Schienennetzes sowie der Wasserstraßen stehe dabei die Sanierung im Vordergrund.
Bahn stellt Projekte auf den Prüfstand
So betont es auch die Deutsche Bahn, bei der infolge der unklaren Mittel die Neu- und Ausbauprojekte auf den Prüfstand kommen. „Ich kann nur sagen – und so machen es alle Eisenbahnen auf der Welt -, dass Erhalt und Erneuerung der bestehenden Infrastruktur immer vorgehen vor Neu- und Ausbau“, sagte Bahnchef Richard Lutz Ende Juli bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz.
„Das heißt, dass man sich beim Thema Neu- und Ausbau überlegen muss, was wir in den nächsten Jahren dann noch machen sowohl an Planungs-, als auch an Bauaktivitäten.“ Alle laufenden Projekte, die bereits im Bau seien, oder bei denen die Planung weit fortgeschritten sei, würden weiter umgesetzt, betonte Lutz.
Keine Garantie gab es hingegen etwa für die geplante Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim. „Da werden wir natürlich auch die Planungen weiter fortführen und uns dann gemeinsam mit dem Bund überlegen, ob wir dann auch in die Bauphase gehen.“ Das werde zu gegebener Zeit zu entscheiden sein, betonte der Bahnchef.
Beispiel: Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim
Mit der neuen Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim soll sich die Fahrzeit zwischen den Ballungsräumen Rhein-Main und Rhein-Neckar deutlich verkürzen - und es sollen viel mehr Verbindungen möglich sein. Das Projekt dürfte Milliarden kosten. Nur: bisher ist das Geld nicht eingeplant. Mitte Juli sagte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Tarek Al-Wazir (Grüne), der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, die Neubaustrecke sei „massiv gefährdet“ - trotz des 500 Milliarden-Sondervermögens für die Infrastruktur.

Der Deutschlandtakt
Der Neu- oder Ausbau von Strecken ist zentral, um die Ziele des „Deutschlandtakts“ erreichen zu können. Dieser soll irgendwann die wichtigen Hauptachsen des Fernverkehrs im halbstündlichen Rhythmus verbinden. Das soll zu besseren Umsteigemöglichkeiten und deutlich kürzeren Reisezeiten führen.
Die Planung von Neubauprojekten dauert oft viele Jahre und ist umstritten - Beispiel: Hamburg-Hannover. Die Bahn spricht sich für eine Neubaustrecke aus und begründet das auch mit dem Deutschlandtakt. Die bisherige Strecke gehört laut Bahn zu den am stärksten überlasteten Strecken Deutschlands. Gegen eine neue Strecke aber gibt es in der Region und auch in der Politik große Vorbehalte, weil unter anderem großflächige Eingriffe in Natur und Landschaft sowie viel Lärm befürchtet werden.
Branche betont Bedeutung von Neubaustrecken
„Das Schienennetz ist nicht nur zu alt, es ist auch zu voll“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. „Für mehr Pünktlichkeit muss der Bund mehr ins Bestandsnetz investieren und zusätzlich neue Strecken bauen.“ Mit Blick auf die grundlegende Sanierung bestehender, hoch belasteter Strecken in den kommenden Jahren sagte er: „Auch ein modernisiertes Schienennetz bleibt ohne Neu- und Ausbau überlastet.“
Als besonders wichtige Projekte nannte Flege neben Frankfurt-Mannheim den sogenannten Brennerzulauf nach Österreich sowie die Rheintalstrecke Richtung Schweiz.„Wir brauchen jetzt schnell eine verlässliche Infrastrukturplanung, die den Aus- und Neubau fest einplant und verlässlich durchfinanziert.“
„Flaschenhälse blockieren wichtige Korridore“
Die derzeitige Netzkapazität reiche schon heute nicht aus, um wachsende Güterverkehre aufzunehmen, sagte die Geschäftsführerin der Güterbahnen, Neele Wesseln. „Flaschenhälse blockieren wichtige Korridore und mindern die Zuverlässigkeit. Daher darf der Neu- und Ausbau nicht gegen den Bestandserhalt ausgespielt werden, sonst fahren wir auf Dauer durch Nadelöhre: Das Netz bleibt zu klein für die Nachfrage, und Wachstum findet auf der Straße statt.“
Besonders wichtig seien Projekte, die nachweislich Engpässe im Gesamtsystem beseitigten und die Leistungsfähigkeit für den Güter- und Personenverkehr deutlich erhöhten. „Das können auch kleine Projekte sein, ganz besonders die Elektrifizierung von bestehenden Strecken.“