Lokal.KI „Rolle vergeben – muss das sein?“ – so laufen unsere KI-Schulungen


In dieser Folge geben wir Einblicke in die ersten Inhouse-Schulungen zum Thema KI. Im Fokus stehen praktische Tipps für den Redaktionsalltag, die Entwicklung individueller Prompts und die Bedeutung des richtigen Mindsets im Umgang mit KI.
Nachdem der Auftakt geschafft war, waren mein Kollege Claus Hock und ich zufrieden – und durchaus ein bisschen stolz. Um zu erklären, worum es geht, muss ich ein wenig ausholen. Seit mehr als einem Jahr beschäftigen wir uns nun schon intensiv mit dem Thema Künstliche Intelligenz. Wir waren Teil von „Wegweiser KI“, einem gemeinsamen Projekt des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) und der Deutschen Presse-Agentur, und haben uns zu KI-Botschaftern ausbilden lassen.
Während dieser Zeit haben wir viel gelernt und – ganz wichtig – eigene Ideen entwickelt. Das erste „Ergebnis“ habt ihr gerade vor Augen. Heute erscheint bereits die vierte Folge unseres Praxis-Newsletters „Lokal.KI“. Wir wollten unser Wissen aber auch unmittelbar an die Kolleginnen und Kollegen bei der Zeitungsgruppe Ostfriesland weitergeben – und genau das tun wir seit der vergangenen Woche: mit Inhouse-Schulungen zum Thema KI.
Warum wir schulen
Das Ziel der Schulung haben wir wie folgt formuliert: „Unsere Redakteure und Reporter sollen in grundlegenden und fortgeschrittenen KI-Anwendungen geschult werden. Ziel ist es, den Teilnehmenden die praktischen Werkzeuge und Kompetenzen an die Hand zu geben, um KI in ihren Arbeitsalltag zu integrieren und für die Content-Erstellung zu nutzen.“
Das Schulungsmodell: Pflicht und Kür
Eins vorneweg: Uns ist klar, dass nicht jede Kollegin/jeder Kollege gleichermaßen auf den „KI-Zug“ aufspringen wird/will. Das muss auch gar nicht sein. Uns ist aber wichtig, dass alle ein gewisses Grundverständnis davon haben und auf dem gleichen Informationsstand sind. Deshalb haben wir im ersten Schritt eine Basisschulung (Modul 1) angeboten, die für jede Redakteurin und jeden Redakteur verpflichtend ist. Darin geht es zunächst einmal darum, die Grundlagen des Promptings sicher anwenden zu können, um relevante KI-Hilfestellungen für ihre tägliche Arbeit zu erzeugen.
In Planung sind außerdem ein zweites und drittes Modul. Darin soll es um individuelle CustomGPTs und weitere Tools gehen. Diese Schulungen sind freiwillig. Sie richten sich an alle bei der ZGO, die sich besonders für das Thema KI interessieren und noch tiefer einsteigen möchten. Den Großteil der Redaktion haben wir, Stand heute, bereits in Modul 1 geschult. Mit ein paar Nachzüglern sowie interessierten Kolleginnen und Kollegen aus anderen Abteilungen des Hauses geht es Anfang Juni weiter.
Was gute Prompts ausmacht
Ich möchte euch jetzt noch einen kleinen Einblick in das geben, was wir während der ersten vier Termine wahrgenommen haben. Dabei ging es um die Antworten auf folgende Fragen: Gibt es Bedenken oder Probleme? Was sind Chancen und Erkenntnisse? Und: Braucht man das alles wirklich?
Ihr merkt, wir hatten ein vielfältiges Publikum mit den verschiedensten Anforderungsprofilen. Das zeigten auch die Reaktionen auf eine der Einstiegsfragen der Schulung. Sie lautet: „Ihr braucht spontan eine gute Überschrift zu einem Text. Wie würdet ihr vorgehen?“
Eine Kollegin brachte ihre Sichtweise kurz und knapp auf den Punkt: „Ich verfasse meist nur einen knackigen Satz. Es ist mir zu blöd, immer eine Rolle zu vergeben.“
Damit hatte sie unfreiwillig ein Paradebeispiel dafür geliefert, wie man es nicht machen sollte. Denn wir wissen: Dem Chatbot zu sagen, was man von ihm erwartet bzw. in welche Richtung er „arbeiten“ soll, ist entscheidend für einen guten Prompt. Bevor man loslegt, sollte man sich also selbst fragen, was genau man will und welche Vorgaben erfüllt sein müssen. Je detaillierter man den Bot mit Arbeitsanweisungen füttert, desto besser werden die Resultate.
Letztlich sollte jeder gute Prompt (mindestens) aus einem Dreiklang bestehen: Rolle, Sorgfaltsprompt und Aufgabe. Diese Elemente helfen dabei, die Erwartungen klar zu formulieren – und sorgen dafür, dass die Antwort des Chatbots möglichst präzise, relevant und hilfreich ausfällt.
Noch wirkungsvoller werden Prompts, wenn man zusätzlich konkrete Beispiele mitliefert. Sie zeigen dem Chatbot, wie das gewünschte Ergebnis aussehen soll – und verringern das Risiko von Missverständnissen.
Wer sich noch einmal einige besonders detaillierte Prompts ansehen möchte, kann dies in Folge 2 (Blaulicht-Bot) und Folge 3 (Bedürfniskategorien) dieses Newsletters tun.
Details sind also wichtig – dezente Übertreibungen tun es aber bestimmt auch. Das dachte sich wohl ein anderer Teilnehmer, der dem Bot auf der Suche nach der „perfekten“ Konstruktion von Dachzeile, Titel und Teaser verklickerte, er sei der „weltbeste Redakteur“. Gemessen an den Vorschusslorbeeren war das Ergebnis allerdings eher ernüchternd als weltklasse.
Um die verschiedenen Ansätze/Vorgehensweisen der Teilnehmenden vergleichen zu können, haben wir ihre Bots immer mit demselben Beispiel gefüttert.
Die Kurzform der Geschichte: Ein aus dem Jaderpark ausgebüxter Baumstachler hat mehrere Hunde in Jade (Landkreis Wesermarsch) mit seinen Stacheln schwer verletzt.
Welche Dachzeile sich der „weltbeste Redakteur“ dafür hat einfallen lassen? Ganz einfach: „Jade“…
So ein „Fail“ sorgt in der Runde zwar für einen Lacher, aber vor allem für einen wichtigen Erkenntnisgewinn: Die Anleitung war nicht präzise genug formuliert: Wie genau sollte die Dachzeile aufgebaut sein? Was sollte sie enthalten?
Warum Custom-Prompts den Unterschied machen
Natürlich kann man sich auch schrittweise an ein gutes Ergebnis herantasten, indem man dem Bot eine erste Anweisung gibt und sie dann im Dialog nach und nach verfeinert. Das funktioniert gut bei spontanen Ideen oder einmaligen Anfragen.
Uns ging es aber um etwas anderes: Wir wollten bestmögliche Lösungen für wiederkehrende Aufgaben finden – etwa beim Formulieren von Überschriften, dem Entwickeln von Themenkarrieren, der Vorbereitung von Interviews oder beim Brainstorming. Deshalb haben wir die Teilnehmenden dabei unterstützt, ihren eigenen Custom-Prompt in unserem verlagsinternen KI-Tool anzulegen.
Der Vorteil liegt auf der Hand: Man investiert einmal Zeit und Mühe in einen funktionierenden Prompt – und spart sich beim nächsten Mal den kompletten Neustart.
Das richtige Mindset
Eine wichtige Erkenntnis, die uns ein Teilnehmer deutlich gespiegelt hat, möchte ich noch hervorheben: Es geht dabei um das Mindset, das notwendig ist, um das Optimum aus dem Chatbot herauszuholen. „Ich wäre auf einige dieser Dinge nie im Leben von allein gekommen“, sagte er.
Das zeigt, wie entscheidend die richtige Herangehensweise ist – das Bewusstsein dafür, wie man mit dem Chatbo
t interagiert, welche Fragen man stellt und wie man das Tool Schritt für Schritt optimal nutzt. Es reicht nicht aus, nur die Technik zu kennen. Es braucht ein offenes, experimentierfreudiges Mindset und die Bereitschaft, sich aktiv auf den Prozess einzulassen. Und genau dabei soll unsere Basisschulung den Kolleginnen und Kollegen helfen.
Ein Satz, den wir auch gehört haben, war: „So arbeitet unsere Redaktion aber gar nicht, dafür fehlt oft auch die Zeit.“
Wir verstehen das. Unser Ziel ist nicht, die bestehenden Arbeitsweisen komplett zu verändern oder zu ersetzen, sondern eine zusätzliche Unterstützung anzubieten. Ein Werkzeug, das den Alltag erleichtern kann. KI ersetzt nicht den Menschen, sie ergänzt ihn – flexibel und individuell anpassbar.
Manche nutzen KI, um schneller bessere Überschriften zu formulieren, andere als kreativen Sparringspartner oder zur Recherche-Unterstützung. Entscheidend ist, was für den eigenen Workflow funktioniert – nicht, was für alle gleich ist.
Ausblick: Wir bleiben dran
Apropos Workflow: Bei einigen unserer Kolleginnen und Kollegen gab es während der Schulung den viel zitierten „Aha-Effekt“. Ein paar nützliche Tipps für den künftigen Arbeitsalltag haben am Ende alle mitgenommen. Claus und ich freuen uns jedenfalls schon auf die nächsten Schulungs-Termine. Auch für uns sind immer wieder spannende Denkanstöße dabei. Und eines ist klar: Wenn es um Künstliche Intelligenz geht, lernt man in der aktuellen Zeit nie aus.
In der nächsten Folge dieses Newsletters beschäftigt sich Claus am 4. Juni übrigens mit einem ganz speziellen Tool von Google: NotebookLM. Und so viel sei schon verraten: Damit ist eine Menge möglich.
Und jetzt ihr!
Wir wollen, dass Lokal.KI genau die Fragen beantwortet, die euch beschäftigen. Was wollt ihr über KI im Journalismus wissen? Wo seht ihr Chancen – oder Probleme?
Schreibt uns einfach: lokalki@zgo.de. Wir freuen uns auf eure Gedanken, eure Fragen und euer Feedback.