Lokal.KI Polizeimeldungen auf Knopfdruck? So tickt unser Blaulicht-Bot

| | 07.05.2025 09:16 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 7 Minuten
So stellt sich ChatGPT das Bild zu diesem Newsletter vor. Foto: ChatGPT
So stellt sich ChatGPT das Bild zu diesem Newsletter vor. Foto: ChatGPT
Artikel teilen:

Dank KI werden Polizeimeldungen in der Digitalredaktion schneller und präziser verarbeitet. Der Blaulicht-Bot spart Zeit und Nerven. In Folge 2 unseres Praxis-Newsletters „Lokal.KI“ zeigen wir, wie das funktioniert.

Für Redakteurinnen und Redakteure einer Digitalredaktion ist es ein Klassiker: Mindestens einmal am Tag landen Pressemitteilungen der Polizei im Posteingang. Man weiß nie genau, wann sie eintrudeln. Man kann sich aber - bis auf wenige Ausnahmen - darauf verlassen, dass sie kommen werden.

Noch vor ein paar Jahren hat das in einigen Fällen für einen gewissen Stress gesorgt - gerade an Wochenenden. Dann, wenn wir personell knapp besetzt waren. Welche der vielen Meldungen können wir hinten runterfallen lassen? Welche müssen wir möglichst zügig veröffentlichen? Und mit welcher fangen wir an?

All das sind Fragen, die wir uns inzwischen nicht mehr stellen müssen - denn der hektische Blick auf den Polizei-Ordner im Posteingang ist einem gelassenen gewichen. Stress? Müssen wir uns nicht mehr machen. Dank Künstlicher Intelligenz, die uns (fast) „fertige“ Polizeimeldungen quasi auf Knopfdruck serviert. Wer jetzt denkt „Das hört sich doch einfach an“, dem sei gesagt: Das stimmt, aber...

In der zweiten Folge unseres neuen Praxis-Newsletters „Lokal.KI“ möchte ich euch einen kleinen Einblick in die Entwicklung unseres Blaulicht-Bots geben.

Anfänge

Noch so ein Klassiker: Was tut man, wenn man neugierig ist? Richtig, einfach drauf los, einfach mal ausprobieren. So sahen auch unsere Anfänge aus, als es darum ging, eine Art Blaulicht-Bot auf den Weg zu bringen. Die Hauptziele waren klar: Arbeitserleichterung und Zeitersparnis. Wir haben uns langsam herangetastet - mit einem Fließtext, den wir um immer mehr Anforderungen ergänzt haben.

Dabei wurde schnell klar: Das kann vor allem bei komplexe(re)n Prompts schnell unübersichtlich werden. Vor allem dann, wenn es ans Feintuning geht. Mal angenommen, das Ergebnis passt schon ganz gut, aber hier und da möchte man noch optimieren. Dann beginnt die Suche in einem beispielsweise mehr als 1000 Wörter langem Prompt. Viel Erfolg. Deutlich entspannter wäre die Suche in einem strukturiertem Prompt, der systematisch aufgebaut ist.

Struktur

Ich konnte meinen allerersten Prompt-Versuch leider nicht rekonstruieren, aber er dürfte etwa so ausgesehen haben:

Du bist ein erfahrener Redakteur einer Tageszeitung. Du schreibst eine Polizeimeldung für die Webseite. Lies dir den Ursprungstext von Anfang bis Ende genau durch. Achte auf die Details und lasse keines weg. Erfinde nichts hinzu. Gib mir auch Vorschläge für eine Überschrift und einen Teaser.

Mit der Erfahrung, die ich in den vergangenen Monaten sammeln durfte, muss ich beim Blick auf diesen Prompt schon ein wenig schmunzeln. Daran ist zwar nichts grundsätzlich falsch - aber es fehlen soooo viele Details. Dazu gleich mehr. Natürlich möchte ich euch das Ergebnis des „Bot-Kükens“ nicht vorenthalten.

Hier zunächst einmal die Originalmeldung der Polizei:

„Am Donnerstag den 18.04.2025, gegen 16:00 Uhr, erhält eine 67-jährige Frau aus Westoverledingen einen vorgetäuschten Anruf von einem Microsoft-Support-Mitarbeiter. Nachdem die unbekannten Täter sich zuvor auf unbekannte Art und Weise Zugriff auf den Computer der Geschädigten verschafft hatten, forderte nun der angebliche Microsoft Mitarbeiter die Frau auf, eine Push-TAN auf ihrem Handy freizugeben. Nachdem die Frau der Aufforderung nachkam, wurde durch die unbekannten Täter eine Online-Banking Überweisung in Höhe eines mittleren vierstelligen Betrages getätigt.“

Und nun das, was der Blaulicht-Bot in seiner Ursprungsvariante daraus gemacht hat:

„Am Donnerstag, den 18. April 2025, gegen 16:00 Uhr, wurde eine 67-jährige Frau aus Westoverledingen Opfer eines Betrugs durch einen vorgetäuschten Anruf eines vermeintlichen Microsoft-Support-Mitarbeiters. Die unbekannten Täter hatten sich zuvor auf unbekannte Weise Zugang zu ihrem Computer verschafft. Der falsche Microsoft-Mitarbeiter forderte die Frau auf, eine Push-TAN auf ihrem Handy freizugeben. Nachdem die Frau dieser Aufforderung nachgekommen war, führten die Täter eine Online-Banking-Überweisung in Höhe eines mittleren vierstelligen Betrages durch. Die Polizei warnt vor solchen Betrugsmaschen und rät, bei verdächtigen Anrufen keine sensiblen Daten preiszugeben.“

(Wir beschränken uns zunächst mal auf den Text. Um das Thema „Überschriften und Teaser“ kümmern wir uns in einer der nächsten Folgen)

So weit, so „okay“. Aber da geht noch mehr.

Details, Details, Details

Es mag banal klingen, aber es ist entscheidend für einen guten Bot: Sagt ihm, was er tun soll, und zwar möglichst detailliert. Und achtet bestenfalls auf jede (wichtige) Kleinigkeit. Sonst kommt am Ende womöglich ein akzeptables Ergebnis heraus, aber auch eines, das noch zusätzlichen Feinschliff erfordert. Und genau den wollen wir ja vermeiden.

In unserem Fall heißt das: Wir lernen unseren Bot Schritt für Schritt an, teilen ihm explizit mit, was wir von ihm wollen - und was nicht. Das beginnt in unserem Fall mit der Ortsmarke und geht über „unsere“ korrekte Schreibweise eines Datums bis hin zur Uhrzeit.

Ja, es ist simpel, aber auch extrem wichtig, dass ihr diese Details in den Prompt einbaut. Übrigens: Beispiele können auch sehr helfen, den Bot besser zu „erziehen“. Ein einfaches Beispiel zum Datum:

➡️ beim Datum schreibst du nicht „Montag, den 21. April 2025“, sondern „Montag, 21. April 2025“

Der strukturierte Prompt

Hier nun ein Auszug aus einem Prompt, der funktioniert und der auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten ist:

Rolle:

Du bist Redakteur einer Tageszeitung, arbeitest in der Digitalredaktion, hast viel Erfahrung im Verfassen von Polizeimeldungen

Aufgabe:

Du schreibst aus der Polizeimeldung einen Webartikel für die Webseite der Zeitung. Dabei ist es wichtig, dass der Text nachrichtlich aufgebaut ist und mit den wichtigsten Infos beginnt. Außerdem wird die Polizeisprache in eine verständliche Sprache umgeschrieben, die zu einer Tageszeitung passt.

Wichtige Vorgaben:

➡️ lies den Ursprungstext von Anfang bis Ende genau durch

➡️ denk immer an deine Rolle

➡️ arbeite gründlich und sorgfältig

➡️ schreibe kurze und prägnante Sätze, aber keine verschachtelten Sätze

➡️ erfinde nichts hinzu und schmücke nicht aus

➡️ lasse keine wichtigen Dinge weg

➡️ achte in der Meldung auf die korrekte Zeitenfolge von Perfekt (immer im ersten Satz), Imperfekt und Plusquamperfekt

➡️ beginne die Meldung mit der Nennung des Ortes, danach folgt ein Bindestrich und erst dann beginnt der eigentliche Text

➡️ der erste Satz sollte die wichtigste Nachricht der Meldung enthalten

➡️ schreibe ein Datum so: TT.MM.JJJJ, wobei der Monat ausgeschrieben wird

➡️ beim Datum schreibst du nicht „Montag, den 21. April 2025“, sondern „Montag, 21. April 2025“

➡️ eine Uhrzeit schreibst du „15.30 Uhr“ oder „14.33 Uhr“, also mit Punkt. Runde Uhrzeiten schreibst du „12 Uhr“

➡️ nenne im zweiten Satz die Quelle, woher deine Info kommt. Nutze Formulierungen wie „Wie die Polizei mitteilt“, „laut Polizei“, „nach Angaben der Polizei“

Das Ergebnis

„Westoverledingen - Eine 67-jährige Frau aus Westoverledingen ist am Donnerstag, 18. April 2025, Opfer eines Telefonbetrugs geworden. Wie die Polizei mitteilt, erhielt die Frau gegen 16 Uhr einen Anruf von einem angeblichen Microsoft-Support-Mitarbeiter. Die Täter hatten sich zuvor auf unbekannte Weise Zugriff auf den Computer der Geschädigten verschafft. Der falsche Microsoft-Mitarbeiter forderte die Frau auf, eine Push-TAN auf ihrem Handy freizugeben. Nachdem die Frau der Aufforderung nachkam, führten die Täter eine Online-Banking-Überweisung in Höhe eines mittleren vierstelligen Betrages durch.“

Erkenntnisse & Vorteile

Ihr seht, was passiert ist. Es ist Struktur eingekehrt, dank eines detaillierten Prompts. Natürlich erhaltet ihr noch bessere Ergebnisse, wenn ihr im Prompt noch mehr Details erwähnt. Man könnte den Bot beispielsweise bitten, nicht zweimal hintereinander „Frau“ zu schreiben, sondern ein Synonym zu verwenden.

Ein großer Vorteil dieser Art des Promptens ist auch, dass ihr Teile davon ganz einfach für einen anderen Einsatzzweck kopieren könnt. Der Kontext einer Meldung kann sich ändern. Nicht aber der grundsätzliche Aufbau. Auf diese Art spart ihr euch die zeitintensivere Suche nach den richtigen Bausteinen in einem Fließtext-Prompt.

Ganz wichtig: Überprüft eure Ergebnisse nach jeder noch so kleinen Prompt-Änderung. Bei mir hat die Aufteilung dieser Vorgabe auf zwei Unterpunkte schon für ein anderes Ergebnis gesorgt:

➡️ schreibe kurze und prägnante Sätze, aber keine verschachtelten Sätze

Wie zu Beginn schon erwähnt, steckt hinter der so „einfach“ klingenden Lösung jede Menge Detailarbeit.

Ausblick

Wie Claus in der Auftaktfolge unseres Newsletters bereits beschrieben hat, treiben uns gerade täglich diese Fragen um: Wie kann uns KI im Arbeitsalltag helfen? Wo sollten wir Dinge an die KI „abgeben“, um davon profitieren zu können?

Natürlich ist auch der Blaulicht-Bot noch längst nicht ausgereift. Und ehrlich gesagt macht es auch viel Spaß, ihn immer mal wieder vor neue Herausforderungen zu stellen :-)

Wie wäre es zum Beispiel mit einem Bot, der seine Ergebnisse auf Knopfdruck gleich für mehrere unserer Kanäle serviert? Die „normale“ Polizeimeldung im Web muss anders formuliert werden als der Post in einem Newsticker, der vor allem schnell, kurz & knapp informieren soll. Beides ist in Arbeit, also Ticker und entsprechende Prompt-Erweiterung.

Außerdem tüfteln wir im Hintergrund unter anderem auch an einer komfortablen Lösung, eine komplette Mail der Polizei mit mehreren Meldungen direkt „übersetzen“ zu lassen.

In der nächsten Folge geht es aber erst mal um Bedürfniskategorien und KI. Claus meldet sich mit diesem Thema am 7. Mai.

Und jetzt ihr!

Wir wollen, dass Lokal.KI genau die Fragen beantwortet, die euch beschäftigen. Was wollt ihr über KI im Journalismus wissen? Wo seht ihr Chancen – oder Probleme?

Schreibt uns einfach: lokalki@zgo.de. Wir freuen uns auf eure Gedanken, eure Fragen und euer Feedback.

Falls ihr eine Ausgabe verpasst oder nachlesen wollt: Alle Newsletter landen mit etwas Verzögerung im Dossier: https://www.oz-online.de/thema/519/.

Ähnliche Artikel