Ein Bulli für Isabell Spendenaufruf von Rhauderfehntjer Familie


Von Geburt an ist die dreijährige Isabell Graute zu 100 Prozent körperlich und geistig behindert. Ihre Eltern bitten um Spenden, um einen Bulli zu kaufen, der auf die Bedürfnisse des Mädchens angepasst wird.
Rhauderfehn - Die dreijährige Isabell Graute aus Rhauderfehn ist durch einen beidseitigen Schlaganfall von Geburt an zu 100 Prozent körperlich und geistig behindert. Das junge Mädchen benötigt rund um die Uhr Pflege und Unterstützung. Fahrten zu Kliniken oder zu ihrer Oma sind mit einem hohen zeitlichen und organisatorischen Aufwand verbunden, denn Isabell ist auf lebensnotwendige Geräte angewiesen, die vor jeder Fahrt in den Personenwagen der Familie untergebracht werden müssen. Problematisch dabei ist nicht nur der geringe Stauraum des Fahrzeuges. Es fehlt zudem ein dringend erforderlicher Sitzplatz neben Isabell, von dem aus ein Elternteil oder eine Pflegekraft während der Fahrt im Notfall Zugriff auf das kleine Mädchen hat. Damit Isabell trotz aller Einschränkungen gut ans Ziel kommt, wünscht sich die Familie einen Bulli. Der Wagen soll über einen Spendenaufruf auf der online Spendenplattform „Gofundme“ finanziert werden. Ein erstes Etappenziel ist erreicht.

Seit Sonntag, 15. Dezember um 16.30 Uhr ist der Spendenaufruf für Familie Graute aus Rhauderfehn auf der Spendenplattform „Gofundme“ online. Vier Tage später wurde bereits das erste Etappenziel von 20.000 Euro erreicht. Das ist jedoch noch nicht genug. Um einen dringend benötigten Kastenwagen für die Familie anzuschaffen, fehlen noch einige Tausend Euro. Angepeilt sind insgesamt 55.000 Euro. Die Summe soll auch die erforderlichen Umbaukosten im Haus decken. Den Spendenaufruf organisierte Christina de Vries, eine Freundin der Familie. Mit zahlreichen Fotos und bewegenden Zeilen formulierte sie den Hintergrund der Familie Graute. Bis Tag vier des Aufrufs gingen mehr als 500 Spenden ein. „Die Beträge gehen von 5 bis 1000 Euro. Es sind fast alles Privatleute, die spenden. Wir sind auf einem sehr guten Weg. Die Anschaffung des Bullis ist wichtig, damit kann Isabell am Leben teilnehmen, Arzttermine wahrnehmen und auch Urlaub machen“, freute sich Philipp Graute (38), Vater von Isabell.
Isabell erlitt einen beidseitigen Schlaganfall
Das Wunschauto der Familie, ein Ford Transit, soll mit einem Kassettenlift, der unter dem Wagen eingebaut ist und ausgefahren werden kann, ausgestattet sein. Damit kann Isabell dann samt Rollstuhl nach oben ins Auto gefahren werden. Der Wagen hat zudem statt hinten einen seitlichen Eingang. „Für uns war es wichtig, dass sie seitlich reingeht, dass man an sie rankommen und schnell reagieren kann, zum Beispiel bei Krampfanfällen“, erläuterte Lindita Graute (37), Mutter von Isabell. Zudem sollen Geräte, die für ihre Tochter lebenswichtig sind, fest im Wagen installiert werden. Darunter ein Absaug-, Sauerstoff- und Kreislaufüberwachungsgerät sowie eine Ernährungspumpe. Zusätzlich muss ein Notfallrucksack mit Notfallmedikamenten Platz haben. Isabell soll im neuen Wagen im Rollstuhl mitfahren, der über ein Schienensystem festgehalten wird. „So könnten wir mit ihr mal eben für eine halbe Stunde zu Oma fahren. In zwei Minuten anschnallen und los gehts“, beschreibt Lindita Graute die Erleichterung und neue Freiheit, die das zukünftige Auto der Familie bringen soll. Jetzt müssen alle Gerätschaften einzeln ins Auto getragen und irgendwie im ganzen Wagen verteilt werden. Das bedeutet Stress, weiß Isabells Mutter aus Erfahrung. „Bis alles verstaut ist, dauert es. Das ist auch Stress für Isabell“, schildert die 37-Jährige.
Die Beeinträchtigungen sind vielfältig. „Isabell erlitt einen beidseitigen Schlaganfall. Es hat sie sehr schlimm getroffen. Das Gehirn kann den Schaden nicht kompensieren, da er beidseitig ist. Isabell ist zu 100 Prozent behindert. Sie kann nicht laufen und hat keine Kontrolle über ihren Kopf und ihren Rumpf, ihre Muskeln sind die meiste Zeit angespannt“, beschreibt der 38-Jährige die Beeinträchtigungen. Seine Tochter sei so gut wie blind. Sie erkenne wohl hell und dunkel, fixiere beim Sehen aber nicht. Der Weg von den Augen zum Gehirn sei zerstört durch den beidseitigen Schlaganfall. Der Bedarf an Blindengeld für Isabell gehe bei den Ämtern gerade durch. Während er berichtete, wies der Familienvater auf ein Foto vom MRT des Gehirns seiner Tochter. Es zeigt, dass rund Dreiviertel vom Gehirn zerstört ist. Ein einzelner Schlaganfall komme häufiger vor, müsse aber nicht immer auffallen, da das Gehirn in der Lage ist, die betroffene Seite auszugleichen, so Philipp Graute. Isabell sei eine von ganz wenigen Kindern, die beidseitig vom Schlaganfall betroffen sind. Die Ursache von Schlaganfällen sei unklar. Es könnten Gerinnungsstörung sein. Warum ihre Tochter den beidseitigen Schlaganfall erlitt, würden sie nie herausfinden, so Lindita Graute.
Antrag gestellt auf 24-Stunden-Betreuung
Zu 99 Prozent wird Isabell über eine Magensonde ernährt. Auch Medikamente werden ihr darüber verabreicht. Die Pumpe läuft über 14 Stunden am Tag. Unterstützung bei der Versorgung ihrer Tochter bekommen Lindita und Philipp Graute durch ausgebildete Pflegekräfte. Ein Team aus zehn Schwestern vom Pflegedienst KWE (Kinderkrankenpflege Weser Ems) versorgt Isabell in Voll- und Teilzeit. Es ist immer eine Person davon bei der Familie.

„Wir haben einen Antrag gestellt auf 24-Stunden-Betreuung. Unsere Krankenkasse lehnte das ab, obwohl der MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) dazu geraten hat. Wir haben Widerspruch gegen die Entscheidung eingelegt. Alles ist sehr bürokratisch. Man muss sich für die Diagnose des Kindes rechtfertigen und Beweise geben, dass das Kind etwas wirklich nicht kann“, sagte Lindita Graute. Gerade Eltern von Kindern wie Isabell müssten jeden Tag kämpfen. Von Geburt an seien die Eltern im Zugzwang, ergänzte Claudia Reese (42). Sie ist Kinderkrankenschwester und kümmert sich in Teilzeit um Isabell. Oftmals fühlen sich die Eltern von Isabell bei der Bewältigung des Alltags allein gelassen und finden Unterstützung beim Verein Schaki, der Selbsthilfegruppe für Schlaganfallkinder sowie beim Sozialverband VdK. „Es gibt bei der Erkrankung unserer Tochter keinen Fahrplan. Für uns als Eltern mit einem Kind, das starke Hirnschäden hat, ist klar, dass jedes Kind dann doch anders ist. Man wird von einem Arzt zum anderen geschickt und steht am Schluss alleine da“, sagte Philipp Graute.
Regelmäßige Therapien, um Entwicklung zu fördern
Lindita Graute ist ausgebildete Anästhesieschwester. Ihr medizinisches Fachwissen habe ihr bereits bei Behördenterminen helfen können. „Ich weiß, wo ich ansetzen muss und kann Dinge hinterfragen. Die anderen betroffenen Eltern sitzen da und wissen nicht weiter“, erläuterte die 37-Jährige die Problematik. Isabell bekommt regelmäßig Therapien, um ihre Entwicklung zu fördern, darunter Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie. Aktuell hat die Dreijährige Pflegestufe vier. Pflegestufe fünf werden ihre Eltern demnächst beantragen. „Finanziell sind das etwa 200 Euro mehr im Monat für die anfallenden Kosten“, so Philipp Graute.
Die Familie hat durch die Beeinträchtigungen ihrer kleinen Tochter neben den Medikamentenkosten noch deutlich höhere finanzielle Herausforderungen zu stemmen. Um Isabell eine bestmögliche Pflege und Fürsorge zu ermöglichen, entschied sich die Familie für einen Umzug und Umbau der Räume. „Durch den Umzug haben wir den Raum verdoppelt. Vorher stand Isabells Pflegebett im Wohnzimmer. Alle mussten Rücksicht nehmen, wenn Isabell Ruhe brauchte. Jetzt hat sie ihr eigenes großes Zimmer“, erläutert der Familienvater. Davon profitiere auch Isabells Bruder Tjark (6), der eine enge Bindung zu seiner jungen Schwester hat. „Ich habe sie sehr lieb. Ich habe versprochen, auf sie aufzupassen. Und ich wünsche mir, dass sie nicht mehr behindert ist“, sagt Tjark.
Spenden für Isabell Graute und ihre Familie sind bei „Gofundme“ unter folgendem Link möglich: isabell.graute.me
Die Familie ist erreichbar unter der Telefonnummer 04952/8995911 oder per Mail an: isabell@graute.me