50 Jahre VW Golf Der Bestseller feiert Geburtstag

Uwe Prins
|
Von Uwe Prins
| 08.04.2024 08:21 Uhr | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Der Golf I wurde ab März 1974 gebaut. Die Entwicklung des Kompaktmodells begann aber schon sehr viel früher: So wurde der Prototyp EA 276 bereits 1969 vorgestellt. Fotos: Volkswagen
Der Golf I wurde ab März 1974 gebaut. Die Entwicklung des Kompaktmodells begann aber schon sehr viel früher: So wurde der Prototyp EA 276 bereits 1969 vorgestellt. Fotos: Volkswagen
Artikel teilen:

37 Millionen Fahrzeuge wurden seit 1974 verkauft. Volkswagen legt zum Jubiläum ein Sondermodell auf.

Ostfriesland - Das Erlebnis hat sich in das Hirn eingebrannt wie das Gummi durchdrehender Reifen auf den Asphalt: Der Nachbarssohn hatte sich im Sommer 1982 einen nagelneuen Golf GTI zugelegt und bat zur ersten Ausfahrt auf die Bundesstraße 72. 13.850 D-Mark kostete der Flitzer mit dem Golfball auf dem Schaltknüppel, Sitzen mit Karomuster und der dezenten roten Zierleiste im Kühlergrill. Der aus dem Audi 80 GTE bekannte Vierzylindermotor verfügte in der ersten GTI-Generation über 110 PS – Leistung satt für ein Auto, das nur 1100 Kilo wog. Was für ein Renner. Und dann machte der Nachbarssohn tatsächlich den Fahrersitz frei. „Willst Du mal?“ Der 18-jährige stolze Besitzer eines Käfers wollte – und fühlte zum ersten Mal, dass ein Tritt aufs Gaspedal tatsächlich für spürbare Beschleunigung sorgen kann.

Warum die Anekdote aus der Jugend hier erzählt wird? Weil es eine der unzähligen Geschichten ist, die der Golf im Laufe des vergangenen halben Jahrhunderts geschrieben hat. Und weil der Golf gerade sein 50-jähriges Jubiläum feiert. Im März `74 begann die Produktion des Bestsellers, der dem Kompaktsegment mit der „Golf-Klasse“ seinen Namen gab.

Golf I (1974 - 1983)
Golf I (1974 - 1983)

Die Presseleute von VW reden im Rückblick von einer „automobilen Revolution“, der geschätzte Gerhard Matzig von der „Süddeutschen Zeitung“ spricht vom „Wunder von Wolfsburg“. Über Jahrzehnte hatte der Käfer die Marke mit dem Konzept Heckmotor und Hinterradantrieb geprägt. Doch mit dem Golf begann bei VW endgültig die neue Epoche mit Frontmotor und Frontantrieb. Eingeleitet worden war die „Revolution“ nur wenige Wochen zuvor vom Scirocco und vom bereits 1973 vorgestellten Passat. Allerdings war der erste VW mit Frontmotor und -antrieb der von NSU übernommene K70 (1970). Jedoch war, so die VW-Presseleute, „mit dem Golf auch die volumenstärkste Klasse auf die neue Technologie umgestellt worden.“

Damit entstand ein „variables Gesamtkonzept“. Kofferraum mit großer Heckklappe, dazu eine umklappbare Rücksitzlehne – der Golf I war nur 3,70 Meter lang, aber es passte richtig was rein. Und die Passagiere in der zweiten Reihe fanden üppige Platzverhältnisse vor – naja, also zumindest im Vergleich zum Käfer.

Golf II (1983 - 1991)
Golf II (1983 - 1991)
Und erst die Optik! Glücklicherweise vertrauten die Wolfsburger am Ende den künstlerischen Fähigkeiten des italienischen Star-Designers Giorgetto Giugiaro. Der schuf ein Auto mit Ecken und Kanten und dennoch einen rundum gelungenen Entwurf – kein Vergleich zum 1969 vorgestellten Prototypen mit dem internen Code EA 276. Der sah aus wie ein Wartburg ohne Stufenheck und wurde glücklicherweise direkt ins Museum gestellt.

Sondermodell zum

50-jährigen Jubiläum

37 Millionen Exemplare in acht Generationen sind bis heute verkauft worden – das ist Rekord für Volkswagen und Rekord in Europa.

Der Golf war ein Volkswagen im wahrsten Sinne des Wortes und mit dem Grundpreis von 8795 D-Mark erschwinglich für Otto Normalverbraucher. Die Verarbeitung war gut, die Technik robust. Interessant: Für einen Golf I im guten Pflegezustand muss man heute gut 13.000 Euro hinblättern. Von solch einem hohen Wertzuwachs können Besitzer vieler Klassiker nur träumen. Schade, dass der damalige Nachbarssohn seinen roten GTI nach ein paar Jahren wieder verkauft hat: Top-Exemplare werden inzwischen für mehr als 20.000 Euro gehandelt.

Golf III (1991 - 1997)
Golf III (1991 - 1997)
Im Laufe der Zeit entstanden viele Karosserievarianten. Zweitürer, Viertürer, Cabriolet (Spitzname „Erdbeerkörbchen“ wegen des feststehenden Überrollbügels), Stufenheck (Jetta) und Variant (Kombi). Daneben gab es PS-starke R-Modelle, Allradversionen, den geländegängigen Golf Country sowie den etwas höher gelegten Golf Plus. Und es gab einen Golf mit Sechszylinder, den VR 6: Anfang der 90 Jahre feierte der Sportler sein Debüt mit 174 PS, einteiligen BBS-Felgen, einem kleinen Logo am Kühlergrill und einem ansonsten dezenten optischen Auftritt – der Golf im Schafspelz.

Golf IV (1997 - 2003)
Golf IV (1997 - 2003)
Möglicherweise war die Infektion mit dem GTI-Virus im Sommer 1982 Schuld daran, im Showroom des örtlichen VW-Händlers schwach zu werden. Der Kaufvertrag wurde jedenfalls unterschrieben und der VR6 in blaugrau-metallic sorgte für viel Fahrfreude und viel frische Luft dank elektrischer Fensterheber und dem elektrischen Panorama-Schiebedach aus der Zubehörliste. Originalexemplare sind heute selten zu finden, in der Tuningszene war der VR 6 einfach zu beliebt. Fahrzeuge mit 300 oder 400 PS sind keine Seltenheit. Notwendig sind solche Kraftkuren nicht: Kritiker hielten den VR6 bereits mit den 174 Pferdchen für übermotorisiert.

Golf V (2003 - 2008)
Golf V (2003 - 2008)
In fünf Jahrzehnten hat VW auch zahlreiche Sondermodelle aufgelegt. Die Tradition lebt zum Geburtstag wieder auf: Der Golf Edition 50 ist an 3D-Plaketten „50“ auf den B-Säulen und entsprechenden Logos auf den vorderen Einstiegsleisten und der unteren Lenkradspange zu erkennen.

Die hochwertige Ausstattung umfasst unter anderem 18 Zoll große Sonderfelgen, eine beleuchtete Kühlergrill-Querspange sowie das überarbeitete Infotainmentsystem „Discover“.

Mit 150 PS kostet das Sondermodell 36.820 Euro. Der Basispreis des Golf VIII liegt bei 27.180 Euro.

Golf VIII Facelift (ab 2024)
Golf VIII Facelift (ab 2024)

Noch mehr Geschichten über Autos und andere Themenbereiche gibt es auf unserem kostenlosen Infoportal „Lebenswelten:

www.oz-online.de/lebenswelten