Mein Lieblingsartikel 2023 Millionenschaden nach Feuer im Van-Ameren-Bad

Mona Hanssen Heiko Müller Sven Schiefelbein
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Von Mona Hanssen, Heiko Müller und Sven Schiefelbein
| 31.12.2023 11:34 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 7 Minuten
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Das Hauptgebäude des Van-Ameren-Bads steht teilweise lichterloh in Flammen. Fotos: Archiv
Das Hauptgebäude des Van-Ameren-Bads steht teilweise lichterloh in Flammen. Fotos: Archiv
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Ein Großaufgebot der Feuerwehr rückte zum Van-Ameren-Bad aus – dort brannte das Gebäude mit den Umkleiden und der Kasse lichterloh. Vieles deutet auf Brandstiftung hin. Mit Video.

Von Lieblingsartikel zu sprechen, ist in diesem Fall natürlich nicht zutreffend. Dennoch habe ich diesen Artikel gewählt, weil der Tag, an dem „mein“ und „unser“ Freibad brannte, und die folgende Berichterstattung mich persönlich sehr beschäftigt hat. Kurz bevor mich die Feuerwehr am frühen Dienstagmorgen, 11. Juli, anrief und vom Feuer erzählte, roch ich in meinem Schlafzimmer bei offenem Fenster schon den Rauch. Halb im Schlaf fuhr ich mit dem Fahrrad an die Kesselschleuse und konnte es kaum glauben. Ganz genau erinnere ich mich daran, wie Bademeisterin Inge Lübben auf mich zukommt und zuversichtlich sagt: „Das werden wir auf jeden Fall schaffen“, während hinter ihr das Freibadgebäude in Flammen stand. Und tatsächlich: Der Bürgerverein konnte das Bad zwei Wochen später im Notbetrieb öffnen, zur Saison 2024 soll ein Neubau stehen. Der Artikel ist erstmals am 11.07.2023 erschienen.

Emden - Für viele Emderinnen und Emder begann dieser Dienstag mit einem Schock: Das Gebäude des Van-Ameren-Bades an der Kesselschleuse in Emden ist am Morgen bei einem Großbrand fast komplett zerstört worden. Niemand wurde bei dem Feuer verletzt.

Gegen 4 Uhr wird die Feuerwehr alarmiert.
Gegen 4 Uhr wird die Feuerwehr alarmiert.

Die Feuerwehr war seit etwa 4.30 Uhr mit einem Großaufgebot im Einsatz. Gegen 8.30 Uhr war es den zeitweise bis zu 60 Feuerwehrleuten aber gelungen, den Brand unter ihre Kontrolle zu bekommen. Das Beseitigen von Glutnestern im Dachbereich dauerten am Vormittag aber noch an.

Brandstiftung ist sehr wahrscheinlich

Nach ersten Informationen ist der Bereich des Betriebsgebäudes betroffen, in dem sich unter anderem der Kassenraum, die Umkleidekabinen sowie die Duschen und Toiletten befinden. War die Höhe des Schadens am Morgen zunächst unklar, so konnten die Ermittler der Polizei inzwischen eine erste Schätzung abgeben: „Wir gehen von einem Schaden in Höhe von rund zwei Millionen Euro aus“, sagte ein Polizeisprecher am Vormittag auf Nachfrage.

Video
Brand im Van-Ameren-Bad in Emden
11.07.2023

Die Polizei war an diesem Dienstagmorgen gleich mit mehreren Streifenwagen ausgerückt, wie ein Sprecher sagte. Nach Abschluss der Löscharbeiten haben Brandermittler ihre Untersuchungen aufgenommen. Bei ersten Ermittlungen der Polizei vor Ort ergaben sich Hinweise auf einen Einbruch. An einem geöffneten Fenster seien Hebelmarken festgestellt wurden, teilte die Polizei am Mittag mit. Der Brandermittler der Polizei sei weiterhin vor Ort und ermittle die genauen Hintergründe zur Brandursache.

Eine Überwachungskamera im Eingangsbereich des Bades wurde ein Raub der Flammen. Ob es dennoch verwertbare Aufnahmen gibt, blieb zunächst unklar. Gesicherte Erkenntnisse gibt es auch nicht darüber, ob und wann die im Bad installierte Alarmanlage ausgelöst wurde.

Bevölkerung in Emden wurde gewarnt

Die Stadt Emden hat die Bevölkerung über den Dienst Katwarn vor starker Rauchentwicklung gewarnt. Bewohnerinnen und Bewohner der Stadtteile Wolthusen, Klein- und Großfaldern, Herrentor und des Stadtzentrums sollten Fenster und Türen geschlossen halten. Gegen 9.30 Uhr wurde via Katwarn schließlich Entwarnung gegeben. Zwischenzeitlich war der Rauch so dicht, dass für den A31-Abschnitt zwischen den Anschlussstellen Emden-West und Emden-Ost vor Sichtbehinderungen gewarnt wurde.

Das Hauptgebäude mit den Umkleiden und Duschen wird fast vollständig zerstört.
Das Hauptgebäude mit den Umkleiden und Duschen wird fast vollständig zerstört.

Auch der Emder Oberbürgermeister Tim Kruithoff (parteilos) machte sich am frühen Morgen vor Ort ein Bild vom Ausmaß des Großbrandes. Er sprach auch mit Verantwortlichen des Fördervereins, der das Bad in eigener Regie betreibt.

Förderverein des Van-Ameren-Bades zeigt sich tief betroffen

Die Führungsriege des Fördervereins zeigte sich am Vormittag tief betroffen von den Ereignissen. „Ich bin bis ins Mark erschüttert“, sagte die Vorsitzende Gudrun Schöttes dieser Zeitung in einer ersten Reaktion. In der ganzen Stadt sei „eine unheimliche Betroffenheit“ zu spüren.

Allerdings äußerte sich Schöttes ebenso wie ihre Vorstandskolleginnen und -kollegen zuversichtlich, den Betrieb des Bades in absehbarer Zeit wieder aufnehmen zu können. „Wir werden alles versuchen“, so Vereinssprecherin Nina Hofmann. In jedem Fall werde der Verein die für die vier Freitagabende im August geplanten Sommernachtspartys veranstalten. In welcher Form sei aber noch offen. „Wir ziehen das durch und wollen in irgendeiner Form Angebote machen“, fügte die Sprecherin hinzu.

Das Van-Ameren-Bad bleibt zunächst geschlossen

Die Verantwortlichen gehen aber davon aus, dass das Bad zumindest eine Woche lang nicht wieder geöffnet werden kann. Die Polizei hatte es für die weiteren Ermittlungen zunächst beschlagnahmt. Man muss sich erst einen Überblick über die Schäden machen, hieß es am Vormittag bei einem ersten Krisentreffen des Vereinsvorstandes im Bad. Eine Lösung werde an diesem Dienstag voraussichtlich aber noch nicht präsentiert werden können. Der Vorstand des Fördervereins hat für diesen Dienstagabend eine Sondersitzung anberaumt.

Das Unglück hat unterdessen in ganz Emden und über die Grenzen der Stadt hinaus eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. „Wir bekommen Hilfsangebote aus allen Ecken“, sagte Gudrun Schöttes. Auch Oberbürgermeister Tim Kruithoff und Stadtrat Volker Grendel hätten ihr in Telefonaten jegliche Unterstützung der Stadt zugesagt.

Spenden laufen quasi im Sekundentakt ein

Der Emder Nils Luitjens, der regelmäßig das Bad als Frühschwimmer besucht, initiierte schon am Morgen eine private Spendenaktion über die sozialen Medien mit dem Ziel, 100.000 Euro für das Bad zu sammeln. Binnen weniger Stunden liefen dort quasi im Sekundentakt mehrere Zehntausend Euro ein. Schon gegen 14 Uhr war die 80.000-Euro-Grenze geknackt.

Die Sammlung, die über das Onlineportal spendenaktion.de läuft, ist zweifelsohne gut gemeint, hat aber einen Haken: Denn laut den Geschäftsbedingungen der Betreiber ist die Spendensumme ein Bruttobetrag. Fünf Prozent davon halten die Betreiber ein. Zudem werden 50 Cent pro Transaktion abgezogen.

Wohl als erste hatten den Brand Hermann Reemts und dessen Lebensgefährtin Zorica Dyken bemerkt. Das Paar hatte die Nacht an Bord ihrer Motoryacht „Natalie“ verbracht, die seit einigen Tagen am Anlegesteg der Kesselschleuse am Ems-Jade-Kanal liegt – nur einen Steinwurf entfernt vom Freibad. „Ich bin gegen 4 Uhr von einem lauten Knall geweckt worden“, schilderte Reemts dieser Zeitung. Zunächst habe er vermutet, dass jemand an Bord gewesen sei. Dann hätten er und seine Partnerin das Feuer gesehen, so der 73-Jährige. Die 49-Jährige griff darauf zum Handy und wählte den Feuerwehr-Notruf.

Van-Ameren-Bad in Emden wird als Bürgerbad betrieben

Das Freibad an der Kesselschleuse ist bei Emderinnen und Emder sehr beliebt – es ist derzeit auch das einzige verfügbare Freibad in Emden; das städtische Freibad in Borssum wird derzeit saniert. Das Van-Ameren-Bad wird seit 30 Jahren als Bürgerbad betrieben. Der Förderverein kommt ohne größere öffentliche Zuwendungen aus. Er stützt sich auf zahlreiche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer.

Der Verein gründete sich 1993, weil die Stadt Emden als Eigentümerin das Bad damals schließen wollte. Die Art und Weise, wie der Verein das Bad mit bürgerschaftlichem Engagement betrieben wird, gilt deutschlandweit als modellhaft. Der Verein hatte zuletzt erst mit viel Eigenleistung das Becken des Freibades saniert.

Die Nachricht von der Zerstörung des Betriebsgebäudes dürfte vor diesem Hintergrund vor allem auch Stammbesucher schockieren, die dort regelmäßig ihre Bahnen ziehen. Das Bad sollte an diesem Dienstag eigentlich um 6 Uhr öffnen. Vor Ort sendete Oberbürgermeister Kruithoff dann allerdings auch ein klares Signal: „Egal, was es braucht, wir machen wieder auf“. „Das werden wir auf jeden Fall schaffen“, sagte auch Bademeisterin Inge Lübben.

Die Technik des Bades bliebt nach ersten Angaben wohl unbeschädigt. Das Chlor für das Badewasser lagerte in dem Teil des Gebäudes, der nicht von dem Brand betroffen war. Dort befinden sich auch die Räume für die Schwimmmeister, in die vermutlich eingebrochen wurde. Das Schwimmbecken und das Badewasser sind von dem Brand nicht betroffen.

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