Kolumne „Zugezogen“ Martini

Clarissa Scherzer
|
Eine Kolumne von Clarissa Scherzer
| 15.11.2023 07:27 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
Artikel hören:
Clarissa Scherzer
Clarissa Scherzer
Artikel teilen:

In ihrem aktuellen Beitrag schreibt GA-Kolumnistin Clarissa Scherzer über das Martini-Singen und ihren Lauf an dem Tag.

Wie viele Kinder waren unsere Jungs mit Freunden und selbstgebastelten Laternen Anfang November zum Martini-Singen auf der zweiten Südwieke unterwegs. Kurz vorher war Generalprobe. Aus den Kinderzimmern schallten Laternenlieder durchs Haus. Ganz nach dem Motto: Wer Süßes will, muss abliefern. Bei Einbruch der Dämmerung zogen sie mit Warnwesten, Regenjacken, Rucksäcken und Taschenlampen los, um sich die eine oder andere Schokolade zu ersingen. Ich nutzte den Abend für einen 10-Kilometer-Lauf mit Stirnlampe und Lichterkette. An meinen Fußgelenken baumelten blaue und gelbe Knicklichter. Fehlte nur noch Lametta.

Wie ein gut trainierter Tannenbaum lief ich in einem großen Bogen durch Rhauderfehn. Unterwegs kam ich an zahlreichen singenden und leuchtenden Kindergruppen vorbei, die von Eltern mit Bollerwagen voll Süßkram begleitet wurden. Durch Kindergesang und bunte Lichter stellte sich in mir ein festliches Gefühl ein. Ich war gerührt. Für mich war das eine völlig neue Lauf-Empfindung. Euphorisch, kraftvoll, verschwitzt, atemlos, angestrengt. Ja. Aber festlich? Als ich den Kreisel bei der Hoffnungskirche passierte, gesellte sich eine zweite Empfindung dazu, die weniger schön war. Hunger. Mein Magenknurren übertönte den Kindergesang. Warum nicht beim nächsten Haus klingeln, singen und um einen Teller Spaghetti bitten, überlegte ich mir. Schokolade würde auch helfen. Ich klingelte bei unserer Nachbarin Petra. „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne“, trällerte ich und schwenkte meine Stirnlampe, als sie die Tür öffnete. „Die Süßigkeiten sind aus“, sagte sie und hielt mir die leere Schüssel unter die Nase. „Ich hab aber noch Schnaps da. Komm rein.“

Eine halbe Stunde später lief ich die letzten Meter leicht schlangenlinienartig. Das Laufgefühl kam mir wiederum bekannt vor. Beim letzten Jever-Fun- Lauf gab es Kurze auf der Strecke. Aber das ist eine andere Geschichte. Übrigens ersangen sich unsere Jungs 7,2 Kilo Süßigkeiten. Wenn man die intus hat, kann man bestimmt auch nicht mehr gerade laufen.

Ähnliche Artikel