Frankfurt/Main (dpa)

„Kann sich ja nicht einsperren“: Bundesliga im Corona-Griff

Ulrike John, dpa
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Von Ulrike John, dpa
| 12.01.2022 12:24 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Ist nach überstandener Corona-Infekttion wieder im Bayern-Training: Manuel Neuer. Foto: Sven Hoppe/dpa
Ist nach überstandener Corona-Infekttion wieder im Bayern-Training: Manuel Neuer. Foto: Sven Hoppe/dpa
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Täglich vermeldet der Betrieb im Profifußball neue Corona-Fälle. Dennoch ist die Hoffnung groß, dass die Welle von positiv Getesteten abebbt, nachdem die Urlaubszeit erstmal vorbei ist.

Positiv getestet. Mit oder ohne Symptome. In Isolation. Frei getestet. Im Aufbautraining nach Erkrankung. In diesen Kategorien kämpft sich die Bundesliga durch die Corona-Pandemie.

Ausfälle werden angesichts steigender Infektionszahlen durch die Virusvariante Omikron zum Alltag. Vor dem zweiten Rückrunden-Spieltag am Wochenende stellte die Deutsche Fußball Liga (DFL) klar, dass sie ihr Reglement zu Spielabsagen in dieser Saison nicht mehr ändern wird.

„Ich glaube, dass es immer wieder Mannschaften betreffen wird. Ob es eine Wettbewerbsverzerrung wird, weiß ich nicht. Jeder muss halt auch in seinem Umfeld aufpassen“, sagte Mönchengladbachs Trainer Adi Hütter stellvertretend für viele. „Es ist natürlich nicht einfach. Man kann sich ja auch nicht einsperren.“ Die Corona-Lage der Liga:

Die Impfquote:

Sie liegt in der 1. und 2. Liga nach DFL-Angaben deutlich höher als jene in der gesamten Gesellschaft. „Von den mehr als 90 Prozent aller Spieler, Trainer und Betreuer, die sich haben impfen lassen, haben schon jetzt mehr als 70 Prozent eine Auffrischungsimpfung erhalten“, sagte Ansgar Schwenken, Direktor Fußballangelegenheiten und Fans, auf bundesliga.de. „Grundlage für diese Zahl sind freiwillige Angaben der Clubs im Rahmen einer entsprechenden Abfrage der DFL.“

Der bayerische Patient:

Nach insgesamt 13 Ausfällen - darunter 9 positiv Getestete - beim 1:2 gegen Borussia Mönchengladbach entspannt sich die Lage beim FC Bayern München wieder: So absolvierten Nationaltorhüter Manuel Neuer und Leroy Sané vor dem Spiel am Samstag beim 1. FC Köln Teile des Mannschaftstrainings. Bei den Corona-Rückkehrern muss allerdings abgewartet werden, wie sie auf Belastung reagieren. „Ich rechne nicht mit extrem vielen Rückkehrern, die in Köln für die erste Elf infrage kommen“, hatte Trainer Julian Nagelsmann noch am Wochenende zuvor gesagt.

Unsicherheit bei Testergebnissen:

Die bundesweite Debatte um die Zuverlässigkeit von Tests hat natürlich auch den Profifußball erfasst. Dass selbst PCR-Tests diffus ausfallen können, belegt der Fall des Frankfurters Jesper Lindström. Der Däne war von den Hessen zunächst als positiv getestet gemeldet worden, dann aber nach wiederholter negativer Testung kurzfristig doch als spielfähig gegen Borussia Dortmund. Es gibt auch Fälle von nicht eindeutigen Tests wie bei Eintracht-Mittelfeldspieler Djibril Sow, der deshalb erstmal fehlte.

Etwas Entspannung:

In der kurzen Winterpause hatten zahlreiche Profis Corona aus dem Urlaub mitgebracht und mussten erstmal in Quarantäne. Diese ist nun für viele beendet. So sind zum Beispiel bei RB Leipzig Dani Olmo, Benjamin Henrichs und Solomon Bonnah nach überstandener Infektion wieder im Übungsbetrieb. Die Verantwortlichen hoffen, dass die Zahl der Fälle wieder zurückgeht, nachdem sich die Spieler nun wieder im Trainings- und Liga-Alltag mit den vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen befinden. Aber es gibt auch immer wieder neue Fälle wie zuletzt bei Bayer Leverkusen mit Paulinho und Niklas Lomb.

Neue Quarantäne-Regeln:

Den Clubs hilft es, dass Bund und Länder die Quarantäne- und Isolationszeiten verkürzt haben. So besteht nicht die Gefahr, dass ein Team durch Massen-Isolation lahmgelegt wird. Wer geboostert, frisch doppelt geimpft oder frisch genesen (jeweils maximal drei Monate zurückliegend) ist, muss nicht in Quarantäne, wenn er Kontakt zu einem Omikron-Infizierten hatte. Die Quarantäne für Infizierte wurde von 14 auf zehn Tage verkürzt, nach sieben Tagen ist ein Freitesten möglich.

Voraussetzungen für Spielabsetzungen:

Bayern Münchens Vorstandsvorsitzender Oliver Kahn hatte eine Überarbeitung der Spielordnung angemahnt, weil Verletzte und Gesperrte nicht zu den Ausfällen zählen, wenn es um eine Spielverschiebung geht. 16 einsatzbereite Spieler genügen für den Anpfiff. Die DFL reagierte auf die Kritik und lässt die aktuellen Regelungen für mögliche Spielabsetzungen von der Saison 2022/23 an erneut überprüfen. Damit wurde die „Kommission Fußball“ beauftragt. Die Überprüfung der zuletzt am 14. Mai 2020 ergänzten Regelung hat bereits begonnen. Von einer Änderung der Regelung während der laufenden Runde werde „mit Blick auf die Integrität des Wettbewerbs zum gegenwärtigen Zeitpunkt abgesehen“. Die DFL rät seit Wochen zur engen Abstimmung der Vereine mit dem örtlichen Gesundheitsamt. Dabei setzen die Behörden vor Ort unterschiedliche Prioritäten.

Auswirkungen auf den Transfermarkt:

Keiner weiß, wie viele Spieler noch ausfallen. Deshalb versuchen die Vereine derzeit nicht wie sonst üblich in der Winterpause, einige Dauerreservisten loszuwerden. „Wir werden die aktuelle Corona-Lage berücksichtigen und niemand auf Teufel-komm-raus verkaufen. Zumal wir ab März ja auch wieder alle drei Tage spielen“, sagte Sportvorstand Markus Krösche vom Europa-League-Teilnehmer Frankfurt. Drittligist Eintracht Braunschweig kündigte sogar an, seinen Kader zu vergrößern. Der Fußball werde „durch Corona gesunden“, prophezeite gar Fredi Bobic, Sport-Geschäftsführer von Hertha BSC.

Die sportlichen Folgen:

„Ich hoffe nicht, dass man am Ende darüber reden muss, wer im Januar oder Februar besser durchgekommen ist“, sagte Bobic auch. Die Wahrscheinlichkeit aber ist hoch - von der ersten bis zur dritten Liga. „Im Kampf um den Auf- oder gegen den Abstieg kann das schon ein Faktor werden“, sagte Sportdirektor Oliver Kreuzer vom Zweitligisten Karlsruher SC. Deutlicher drückt es Braunschweigs Sportchef Peter Vollmann aus: „Corona wird in den kommenden Monaten Ergebnisse beeinflussen, Spiele entscheiden und für Verschiebungen in der Tabelle sorgen.“

© dpa-infocom, dpa:220112-99-679991/5

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