Berlin (dpa)

Lauterbach kündigt baldige Vorschläge gegen Omikron an

| 30.12.2021 00:39 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Ein Schild weist auf einer Intesivstation in Düren auf eine Corona-Infektion hin. Foto: Thomas Banneyer/dpa
Ein Schild weist auf einer Intesivstation in Düren auf eine Corona-Infektion hin. Foto: Thomas Banneyer/dpa
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Auch wenn die amtlichen Meldezahlen noch hinterherhinken, wappnet sich die Bundesregierung für zusätzliche Antworten auf die nächste Corona-Welle. Schon bald im neuen Jahr sollen sie konkreter werden.

Angesichts einer beginnenden stärkeren Ausbreitung der Corona-Variante Omikron in Deutschland rücken weitere Krisenmaßnahmen in den Blick.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kündigte für die nächste Woche Vorschläge dazu an. „Wir sind mit einem dynamischen Anstieg der Omikron-Fälle konfrontiert“, sagte der SPD-Politiker am Mittwochabend in den ARD-„Tagesthemen“. Es gelte zu überlegen, was dies etwa für Kontaktreduzierungen und die Dauer von Quarantänezeiten bedeute. Nach Meldeverzögerungen über die Feiertage solle es zur Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) am 7. Januar „sehr zuverlässige Zahlen“ zur Corona-Lage geben.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) nimmt der Anteil der Omikron-Variante an den nachgewiesenen Infektionen deutlich zu. So gingen in der Woche bis 26. Dezember laut Meldedaten aus den Ländern 17,5 Prozent der auf Varianten untersuchten Corona-Nachweise auf Omikron zurück, wie das RKI am Donnerstag im Wochenbericht schrieb. Eine Woche zuvor wurde der Wert mit 3,1 Prozent angegeben. Regional schwankt der Omikron-Anteil erheblich - von rund 65 Prozent in Bremen bis 1 Prozent in Sachsen. Als Gründe nannte das RKI etwa teils noch niedrige Omikron-Fallzahlen und unterschiedliche Testhäufigkeiten.

Omikron-Fälle nehmen vor allem in Norddeutschland zu

Lauterbach erläuterte, zu erwarten sei eine Verdoppelung der Omikron-Fälle innerhalb von vier bis fünf Tagen. Die ansteckendere Variante nehme vor allem in Norddeutschland zu, etwa auch in Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, was teils mit Grenznähe zu Dänemark und den Niederlanden zu tun haben dürfte. Der Expertenrat der Bundesregierung und das RKI beschäftigten sich mit der Situation. Er sei auch mit Wissenschaftlern und Politikern in anderen Ländern in Kontakt, wo das Omikron-Problem weiter fortgeschritten sei. „Wir müssen so etwas sauber vorbereiten“, sagte er zu weiteren Maßnahmen.

Zum generellen Infektionsgeschehen gab das RKI nun eine wieder etwas höhere Sieben-Tage-Inzidenz von 207,4 an - mit der Einschränkung, dass die Daten ein unvollständiges Bild abgeben können. Am Vortag war die Zahl der gemeldeten neuen Fälle pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen auf 205,5 beziffert worden. Die Gesundheitsämter meldeten nun 42.770 neue Infektionen binnen eines Tages, es gab 383 weitere Tote.

Tatsächliche Inzidenz wohl deutlich höher

Lauterbach hatte am Mittwoch bereits als eigene Schätzung mitgeteilt, dass die tatsächliche Inzidenz zwei bis drei mal so hoch sein dürfte wie offiziell ausgewiesen. Hintergrund sind weniger Tests in Praxen und am Arbeitsplatz über die Feiertage und langsamere Meldungen von Testergebnissen an die Gesundheitsämter und von dort an das RKI. „Ich arbeite daran, dass ich Zahlen liefere, mit denen man arbeiten kann“, sagte der Minister. Mit Schätzwerten auf Basis der jetzigen Daten sei gut genug zu sehen, was sich in Deutschland abspiele. Damit könne man auch schon sehr gute Gesundheitsschutz-Politik machen.

Lauterbach warb erneut für „Booster“-Impfungen, die als „bester Schutz vor Omikron“ von größter Bedeutung seien. Am Mittwoch wurden laut RKI insgesamt 621.000 Impfdosen gespritzt, davon 502.000 für Auffrischimpfungen. Mit einer dritten Dosis „geboostert“ sind nun mindestens 31,6 Millionen Geimpfte. Den vollen Grundschutz mit der meist nötigen zweiten Spritze haben inzwischen mindestens 59,1 Millionen Menschen oder 71,1 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Diskussion über kürzere Quarantäne-Zeit

Angesichts erwarteter hoher Ansteckungszahlen wird auch über kürzere Quarantäne-Zeiten diskutiert. Großbritannien und die USA haben die Dauer für Infizierte ohne Symptome verkürzt, um akutem Personalmangel in Bereichen vorzubeugen, die für die Grundversorgung und Sicherheit nötig sind. Auch Spanien und Portugal verkürzten die Quarantäne-Dauer für symptomlose Infizierte von zehn auf sieben Tage.

Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) dringt auf eine Regelung für Deutschland. „Wir müssen jetzt die Weichen stellen, um gut vorbereitet zu sein - auch und gerade mit Blick auf die kritische Infrastruktur“, sagte er dem Nachrichtenportal „Watson“. „Denkbar wäre aus meiner Sicht beispielsweise eine Befreiung von der Quarantäne für geboosterte Kontaktpersonen.“ In der Sendung „RTL Direkt“ sagte er, nötig sei eine Stellungnahme des RKI oder des Expertenrats noch vor der Ministerpräsidentenkonferenz am 7. Januar.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte, dass sich ohne Wissen über die tatsächliche Corona-Lage jetzt politische Vorschläge überschlügen. Es gebe die gleichen Probleme wie im vergangenen Jahr, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. „Es ist bekannt, dass Deutschlands Labore, Ärzte und Gesundheitsämter über die Feiertage in den Winterschlaf gehen.“ Die Bund-Länder-Runde sollte daher erst stattfinden, wenn aussagefähige Daten vorliegen. „Sonst ist die Gefahr groß, das die Beschlüsse wieder von Gerichten aufgehoben werden.“ Der Vorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, nannte es im Deutschlandfunk „mehr als peinlich“, dass Deutschland über die Feiertage keine validen Zahlen habe.

© dpa-infocom, dpa:211230-99-538695/8

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