Nürnberg (dpa)

Krauß gibt nach Kopftreffer Entwarnung: „Mir geht es gut“

Martin Moravec, dpa
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Von Martin Moravec, dpa
| 27.10.2021 11:52 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Der Nürnberger Tom Krauß (M) wird verletzt aus dem Stadion getragen, zeigt aber mit dem Daumen nach oben. Foto: Daniel Karmann/dpa
Der Nürnberger Tom Krauß (M) wird verletzt aus dem Stadion getragen, zeigt aber mit dem Daumen nach oben. Foto: Daniel Karmann/dpa
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Der Nürnberger Tom Krauß erleidet im DFB-Pokal-Fight gegen den HSV einen heftigen Kopftreffer. Mit dem Thema Gehirnerschütterungen befassen sich gerade erst wieder die Regelhüter des Fußballs.

Im Luftduell krachen der Nürnberger Tom Krauß und Miro Muheim vom Hamburger SV zusammen. Krauß sinkt hart getroffen sofort zu Boden, Muheim hält sich die Stirn.

Schiedsrichter Bastian Dankert winkt im DFB-Pokal-Fight am Dienstagabend sofort die Ärzte herbei. Krauß liegt vorübergehend regungslos auf dem Rasen. Erneut sorgt ein Kopftreffer im Fußball für einen Schockmoment und befeuert die Debatte über die Risiken im Luftkampf.

Mit bandagiertem Kopf gab Krauß während seiner Auswechslung kurz nach der Halbzeit noch auf der Trage mit Daumen hoch Entwarnung. Am Tag danach gab es große Erleichterung: Der 20-Jährige durfte noch am Mittwoch das Krankenhaus verlassen, er erlitt eine Gehirnerschütterung. „Mir geht es schon wieder ganz gut. Vor allem möchte ich mich für all die lieben Genesungswünsche bedanken. Das hat richtig gut getan und mich emotional berührt“, sagte Krauß, der sich über die Anteilnahme auch von Muheim freute. „Er hat sich gemeldet und entschuldigt. Eine tolle Geste.“

„Es war ein Schockmoment“

Auf einem Foto auf der Internetseite des Vereins hielten die Mitspieler das Trikot ihres Kollegen in die Höhe. „Es war ein Schockmoment für die Spieler, die drumherum standen“, berichtete am Abend zuvor sein Trainer Robert Klauß, der selber auf den Rasen zu seinem verletzten Spieler gerannt war. Die Spieler hatten während der beängstigenden Szene einen Sichtschutz geformt.

Was genau ist Krauß bei dem Zweikampf passiert, der im Fußball keine Seltenheit ist? „Es sieht erst mal nicht aus, als wenn es etwas Schwerwiegendes ist“, meinte Klauß in einer ersten vagen Einschätzung nach dem Aus im Elfmeterschießen. Weitere Untersuchungen nach einer Nacht im Krankenhaus bestätigten die Einschätzung. Erst einmal muss er aber auf den Mittelfeldjunior verzichten.

„Keine Bagatelle“

„Gehirnerschütterungen sind keine Bagatelle“, betitelten Tim Meyer und Thomas Hauser ihren jüngsten Gastbeitrag im „Kicker“. Meyer ist Vorsitzender der Medizinischen Kommissionen des DFB und der UEFA, seit 2001 ist er auch Mannschaftsarzt der Nationalmannschaft. Hauser wiederum ist Leiter des Medizinischen Zentrums auf dem DFB-Campus und Mitglied der Medizinischen Kommission.

„Wer mit einer Gehirnerschütterung weiterspielt, riskiert eine Beeinträchtigung der Hirnfunktion. Außerdem existieren Hinweise, dass bei zu früher Rückkehr auf den Platz weitere Verletzungen drohen, weil die fußballspezifische Koordination eingeschränkt sein kann“, schrieben die Ärzte von zwei neueren Erkenntnissen.

Die Regelhüter des Fußballs befassen sich längst mit dem Crash und dem Kopf. So stand beim International Football Association Board (Ifab) am Mittwoch auch eine Studie über Gehirnerschütterungen im Fußball auf der Tagesordnung. Das Beratungsgremium empfahl, eine in bestimmten Wettbewerben bis August 2022 laufende Testphase für zusätzliche Auswechslungen im Falle einer Gehirnerschütterung auszudehnen.

Baseline-Screening seit 2019

Die Deutsche Fußball Liga kennt ebenfalls das sensible und wichtige Thema. Seit der Saison 2019/20 gibt es in beiden deutschen Topligen ein so genanntes Baseline-Screening. Dabei werden vor der Saison neurologische Tests durchgeführt, um bei akuten Verletzungen die mögliche Abweichung vom gesundheitlichen Normalzustand festzustellen.

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie in Weimar verwies erst vor wenigen Tagen auf eine Studie aus Schottland, wonach Profifußballer im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein 3,5-mal höheres Risiko haben, im späteren Leben eine neurodegenerative Erkrankung zu entwickeln. Das bedeutet, dass Nervenzellen zugrunde gehen. Als Konsequenz wurde daher ein Kopfschutz ins Spiel gebracht.

Helm als Schutz

Es gibt längst Spieler, die einen Helm tragen - allerdings nicht aus Gründen der Vorsorge. Der frühere tschechische Weltklassetorwart Petr Cech hatte sich nach einem Schädelbruch bereits 2006 dazu entschieden, im Einsatz für den FC Chelsea und später FC Arsenal immer einen Kopfschutz zu tragen.

In Deutschland griff Mittelfeldspieler Klaus Gjasula zu einem Helm, weil er sich 2013 bei einem Zusammenprall den rechten Jochbogen gebrochen hatte. Der heutige Profi des SV Darmstadt meinte aber schon vor längerer Zeit: „Der Mensch handelt erst dann, wenn es schon passiert ist, nicht davor.“

© dpa-infocom, dpa:211027-99-749242/6

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