Karlsruhe/London (dpa)

Brite soll in Berlin für Russland spioniert haben

Marco Krefting und Benedikt von Imhoff, dpa
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Von Marco Krefting und Benedikt von Imhoff, dpa
| 11.08.2021 11:11 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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In Potsdam wurde eine Person festgenommen, die mutmaßlich dem russischen Geheimdienst Dokumente übergeben habe soll. Ermittlungsrichter sollen nun über U-Haft für den Briten entscheiden.

Ein Mitarbeiter der britischen Botschaft in Berlin ist wegen mutmaßlicher Agententätigkeit für Russland festgenommen worden.

Der Brite soll einem russischen Geheimdienst gegen Geld Dokumente verschafft haben, wie die Bundesanwaltschaft am Mittwoch mitteilte. Ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe entschied, dass der Mann, der laut britischen Angaben 57 Jahre alt ist, in Untersuchungshaft kommt. In London bestätigte das zuständige Innenministerium die Festnahme, zu der gemeinsame Ermittlungen deutscher und britischer Behörden beitrugen.

Das Auswärtige Amt in Berlin betonte, den Fall sehr ernst zu nehmen. „Geheimdienstliches Ausspähen eines engen Bündnispartners auf deutschem Boden ist nichts, was wir akzeptieren können“, sagte ein Sprecher. „Deshalb werden wir die weiteren Ermittlungen des Generalbundesanwalts sehr genau verfolgen.“

Der Mann steht nach den Behördenangaben wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit unter dringendem Verdacht. Spätestens seit November 2020 soll er für den Geheimdienst gearbeitet haben. Mindestens einmal habe er diesem Material übermittelt, an das er im Zuge seiner Arbeit gelangte. Wie viel Bargeld er dafür bekam, sei bisher unklar. Zu Fragen etwa einer Auslieferung des Mannes nach Großbritannien und Details zu den Vorwürfen machte eine Sprecherin keine Angaben.

Beamte des Bundeskriminalamtes hatten den Beschuldigten nach Angaben der Bundesanwaltschaft am Dienstag in Potsdam festgenommen. Zudem seien die Wohnung und der Arbeitsplatz des Mannes durchsucht worden.

Für die Regierung in London ist der Fall brisant. Die bilateralen Beziehungen mit Russland sind schlecht, der Ton ist scharf. Erst vor wenigen Wochen kam es zu einem Zwischenfall: Russische Grenzschützer versuchten mit Warnschüssen und Bombenabwürfen, ein britisches Kriegsschiff vor der annektierten Halbinsel Krim im Schwarzen Meer vom Kurs abzubringen. Zudem beschuldigt Großbritannien Russland, den Giftanschlag auf den Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter im englischen Salisbury 2018 angeordnet zu haben. Auch für den Giftmord am russischen Ex-Agenten Alexander Litwinenko in London 2006 wird Moskau verantwortlich gemacht.

„Eine Person, die als Ortskraft für die Regierung gearbeitet hat, wurde gestern von den deutschen Behörden festgenommen“, teilte das britische Innenministerium mit. Weitere Angaben machte die Behörde zunächst nicht. „Es wäre nicht angebracht, sich weiter zu äußern, da polizeiliche Ermittlungen laufen“, hieß es lediglich. Ortskräfte sind Mitarbeiter, die nicht von der Regierung aus dem Heimatland entsendet, sondern am Einsatzort eingestellt werden.

Die britische Oppositionspartei Labour nutzte den Fall, um der Regierung Versäumnisse bei der nationalen Sicherheit vorzuwerfen. So sei der Posten des für Sicherheit zuständigen Staatssekretärs seit mehr als einem Monat vakant. „Die heutigen Ereignisse werfen die Frage auf, wer sich in der Regierung um die wichtige Aufgabe kümmert, die Sicherheit der britischen Öffentlichkeit zu gewährleisten“, sagte Labour-Innenexperte Conor McGinn. Es sei unverständlich, dass Premierminister Boris Johnson noch keinen neuen Staatssekretär gefunden habe. „Entweder hat er es vergessen oder er denkt, dass es nicht so wichtig ist“, schimpfte McGinn.

© dpa-infocom, dpa:210811-99-802209/5

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