New York (dpa)

Hit-Musical „Hamilton“ läuft bei Disney+

Christian Fahrenbach, dpa
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Von Christian Fahrenbach, dpa
| 03.07.2020 12:36 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Selten hat ein Musical so sehr Politik und Gesellschaft gespiegelt wie der Megahit „Hamilton“. Jetzt zeigt Disney+ das Hip-Hop-Stück über den ersten Finanzminister der Vereinigten Staaten - in den USA ist es für viele der wichtigste Streaming-Titel des Jahres.

Es ist nicht leicht, einem deutschen Publikum die Faszination von „Hamilton“ nahezubringen, aber ein paar Zahlen zu dieser seit fünf Jahren am New Yorker Broadway gefeierten Musical-Sensation helfen.

Da ist beispielsweise der Preis, den die Broadway-Besucher am Richard Rodgers Theater für weite Teile der Parkett-Sitzreihen bis zur Zwangspause durch die Corona-Pandemie für ein einziges Ticket zahlten: 997 Dollar (887 Euro).

In der im Mai 2019 zu Ende gegangenen Saison wurden insgesamt Karten für 165 Millionen Dollar (147 Millionen Euro) verkauft. Zum Vergleich: Der besucherstärkste Film in den deutschen Kinos 2019, „Die Eiskönigin 2“, kam in allen deutschen Lichtspielhäusern zusammen auf 55 Millionen Euro.

Seit fast 250 Wochen steht das Soundtrack-Album in den Billboard-Charts, es ist mit sechsfach Platin die erfolgreichste Musicalaufnahme in der US-Geschichte. Elf Tony-Theaterpreise, einen Grammy und den Pulitzer-Preis hat das Stück gewonnen. Touren und zusätzliche Kompanien in den USA und in London starteten, selbst eine deutsche Adaption in Hamburg ist für den Herbst 2021 angekündigt. Und nun hat der Entertainmentriese Disney sich laut Branchenwebseiten für 75 Millionen Dollar die Rechte an einer bereits 2016 abgefilmten Aufnahme der Show gekauft. Ursprünglich sollte die im Herbst 2021 in die Kinos kommen, doch nun ist sie Teil des hauseigenen Streamingangebots Disney+ (seit Freitag).

Dieser ganze Hype dreht sich um ein Stück, dessen Idee auf den ersten Blick extrem seltsam klingt: Wie wäre es, mit einer Mischung aus Hip Hop, Musical und Pop die Geschichte des ersten Finanzministers der USA und seiner Gründerväter-Gefährten zu erzählen? Ideengeber, Komponist und Librettist Lin-Manuel Miranda hat fast ein Jahrzehnt lang an den Songs und der Story getüftelt, am Broadway spielte er rund anderthalb Jahre lang auch die Titelrolle. Die jetzt zu sehende Version zeigt ihn und einige andere Mitglieder der ursprünglichen Besetzung knapp zwei Wochen, bevor für einige von ihnen der letzte Vorhang fiel.

Es ist nicht leicht, die Dynamik und große Dichte des Stücks einzufangen, die „Hamilton“ auszeichnet, aber durch viele Nahaufnahmen und schnelle Schnitte gelingt es dem Regisseur Thomas Kail, die Theaterstimmung dieser Tage auf den Bildschirm zu übertragen. Schon bei den ersten Takten fällt die größte Besonderheit des Stücks auf: Bis auf den britischen König George sind alle Schauspieler Schwarze, Latinos oder sie haben asiatische Wurzeln.

Wen der Inhalt und all die Erfolgszahlen nicht überzeugen, für den bleibt vielleicht als letzter Versuch noch ein Lob von Präsidenten-Gattin Michelle Obama. „Es war einfach, wie ich jedem sage, das beste Kunstwerk jeglicher Form, das ich in meinem Leben je gesehen habe“, sagte sie einmal.

© dpa-infocom, dpa:200703-99-657579/4

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