Zahlreiche Gedenkveranstaltungen Viele Ostfriesen gedachten der Pogromopfer

| 09.11.2023 21:12 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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In Aurich gedenken Bürgerinnen und Bürger auf dem Gelände der ehemaligen Synagoge der Opfer der Reichspogromnacht. Foto: Ortgies
In Aurich gedenken Bürgerinnen und Bürger auf dem Gelände der ehemaligen Synagoge der Opfer der Reichspogromnacht. Foto: Ortgies
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Vor 85 Jahren wurden auch in Ostfriesland Synagogen niedergebrannt und Jüdinnen und Juden verfolgt. Der Opfer gedachten Menschen in Ostfriesland am Donnerstagabend.

Ostfriesland - An vielen Orten auch in Ostfriesland haben sich Menschen an den 9. November vor genau 85 Jahren erinnert. In der Pogromnacht 1938 waren Juden in Deutschland verfolgt, ermordet und viele ihrer Häuser, Geschäfte und Synagogen zerstört worden. Mehr als 1300 jüdische Menschen starben. Wegen des Terrorangriffs der Hamas auf Israel und der damit weltweit zunehmenden antisemitischen Gewalt fühlen sich viele Jüdinnen und Juden aktuell an das dunkle Kapitel deutscher Geschichte erinnert. Viele leben wieder in Angst. Damit waren die Gedenkveranstaltungen nicht nur ein Blick zurück auf den Beginn der organisierten Judenverfolgung im Nationalsozialismus. Sie hatten auch einen aktuellen Bezug.

An der Gedenkfeier beim Denkmal in Ihrhove wirkten auch Schüler des Schulzentrums Collhusen mit. Sie lasen Kurzporträts der 13 ehemaligen jüdischen Mitbürger vor, die in Westoverledingen gelebt haben. Anschließend legten sie bei den 13 Stelen rote Rosen nieder. Foto: Ammermann
An der Gedenkfeier beim Denkmal in Ihrhove wirkten auch Schüler des Schulzentrums Collhusen mit. Sie lasen Kurzporträts der 13 ehemaligen jüdischen Mitbürger vor, die in Westoverledingen gelebt haben. Anschließend legten sie bei den 13 Stelen rote Rosen nieder. Foto: Ammermann

Unter anderem die reformierte Kirchenpräsidentin Susanne bei der Wieden hatte im Vorfeld dazu aufgerufen, die Gedenkveranstaltungen zu besuchen. Der 9. November sei ein wichtiges Datum in Deutschland, sagte die leitende Theologin der Evangelisch-reformierten Kirche mit Sitz in Leer. Und: „Nie wieder darf so etwas geschehen.“ Eine Kultur des Gedenkens sei notwendig, weil die NS-Zeit immer weiter in die Vergangenheit rücke und sich „heute wieder Judenhass und Judenfeindschaft unter uns breit machen“, betonte Bei der Wieden. Auch mögliche Kritik an politischen Entscheidungen in Israel werde für antisemitische und antijüdische Propaganda oder gar zur Legitimation von Gewalt missbraucht. „Dem müssen wir als Christinnen und Christen mit aller Kraft entgegentreten.“ Sie unterstrich: „Unser Platz als deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger und als Christinnen und Christen ist an der Seite unserer jüdischen Mitbürger. Feindseligkeit, Hass und Übergriffe gegen Jüdinnen und Juden haben bei uns keinen Platz.“

Auch in Leer wurde vom 9. auf den 10. November 1938 die damalige imposante Synagoge an der Heisfelder Straße in Brand gesetzt, die jüdische Bevölkerung unter brutaler Gewalt aus ihren Häusern geholt und durch die Stadt zum Viehhof auf die Nesse getrieben, wo sie, eingesperrt wie Vieh, die Nacht im Stall verbringen mussten, teilte die Stadt dazu im Vorfeld mit. Auf dem Synagogengedenkplatz am Bummert trafen sich daher am Donnerstagabend rund 300 Menschen, um der Opfer zu gedenken. Nach einem Gottesdienst in der Baptistenkirche, der von Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Ostfriesland veranstaltet wurde. Legten Bürgermeister Claus-Peter Horst, Landrat Matthias Groote und die politischen Fraktionen der Stadt einen Kranz nieder. Danach lasen Schülerinnen und Schüler des Teletta-Groß-Gymnasiums die Namen der Opfer vor.

Am Synagogengedenkplatz in Leer gedachten zahlreiche Menschen der Opfer der Pogromnacht 1938. Auch Kränze wurden niedergelegt. Foto: Wolters
Am Synagogengedenkplatz in Leer gedachten zahlreiche Menschen der Opfer der Pogromnacht 1938. Auch Kränze wurden niedergelegt. Foto: Wolters

Zum Tag des Gedenkens an den Terror gegen Juden in der Reichspogromnacht vor 85 Jahren in Deutschland fanden am Donnerstag auch in Rhauderfehn und in Ihrhove Gedenkveranstaltung statt. In Rhauderfehn gingen die Teilnehmer zu den Stolpersteinen für Walter Nochum Cohen und die Familien Gumpertz und Weinberg. In Ihrhove fand die Veranstaltung beim Denkmal statt, das an die ehemaligen jüdischen Mitbürger sowie an die Grausamkeiten und das Unrecht während der NS-Zeit erinnert. An den Stolpersteinen wurden weiße Rosen abgelegt. Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen Rhauderfehn erinnerten durch Lesungen und Fotografien an die Opfer der Nazi-Diktatur.

Auch der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg war nach Rhauderfehn gekommen. Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung besuchte Albrecht Weinberg sein Elternhaus, das er 1936 verlassen musste.

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