Leer In knallbunten Farben die Freiheit gemalt

Lydia Erfkamp
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Von Lydia Erfkamp
| 27.10.2023 06:03 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Freedom: Auf großen Lettern ist an der Oberschule in Bunde zu sehen, was junge Menschen dies- und jenseits der Grenze mit dem Wort Freiheit verbinden. Fotos: privat
Freedom: Auf großen Lettern ist an der Oberschule in Bunde zu sehen, was junge Menschen dies- und jenseits der Grenze mit dem Wort Freiheit verbinden. Fotos: privat
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Um über Demokratie zu reden, trafen sich 30 junge Menschen aus Deutschland und den Niederlanden. 20 der Projektteilnehmer wurden bei einem dreitägigen Workshop kreativ: Sie gestalteten ein Graffiti

Leer - Musik hören, die man mag. Reisen, wohin man möchte. Treffen, wen man will. Für Jugendliche aus Deutschland und den Niederlanden ist das in der Regel selbstverständlich. Jeder darf sich frei bewegen, sagen, was ihn stört und in Parteien und bei Wahlen politische Entscheidungen treffen. Das ist Demokratie.

Was die mit der Staatsform einhergehenden Rechte und Privilegien in ihrem Leben ausmachen und welche Befürchtungen und Ängste sie haben, diese zu verlieren, damit haben sich 30 Jugendliche und junge Erwachsene in dem Projekt „Graffiti and Democracy – wer wir sind und was uns verbindet“ der Fachstelle Europa beim Leewerk WISA in Leer beschäftigt. Die Teilnehmer im Alter von 14 bis 22 Jahre kommen aus dem Landkreis Leer und aus Winschoten. Am Ende des Projektes haben 20 von ihnen auf eine Wand gesprayt, was ihnen persönlich wichtig ist. In der Aula der Oberschule Bunde prangt jetzt ein großflächiges, knallbuntes Graffiti, auf dem ein Wort dominiert: Freedom, auf Deutsch Freiheit.

Beim Online-Treffen war die Verständigung noch etwas knifflig

Dem Bild ging ein wochenlanger Prozess voraus, berichtet Daniela Saadhoff-Waalkens. Sie hat beim Leewerk die Fachstelle Europa inne und das Projekt in Kooperation mit dem Jugendhaus Moormerland, dem Jugendzentrum Leer, der Oberschule Bunde und dem Noorderpoort-College in Winschoten initiiert.

Kennengelernt haben sich die Jugendlichen zunächst bei gemeinsamen Online-Treffen. „Da war es mit der Sprache erst etwas knifflig“, berichtet Stefan Louwers, Sozialarbeiter im Jugendhaus Moormerland und Projektbegleiter. Auf Englisch, gemischt mit den Deutschkenntnissen der Winschoter und ein paar Brocken Niederländisch, die einige deutsche Schüler im Unterricht gelernt hatten, erzählten sich die Jugendlichen, was ihnen im Alltag wichtig und wertvoll ist. Auch darüber, wie sehr sich ihre Bedürfnisse von denen der Menschen unterscheiden, die in Not, Unterdrückung und Krieg leben, wurde gesprochen. „Dass zwei Muslima unter ihnen waren, brachte noch mal ganz neue Aspekte für die Gruppe hervor“, sagt Daniela Saadhoff-Waalkens.

Auf einer gemeinsamen Berlinfahrt lernten sich die Jugendlichen richtig kennen

Bei einer dreitägigen Reise Anfang Oktober nach Berlin lernte man sich dann endlich „richtig“ kennen. Eine Führung durch den Deutschen Bundestag stand auf dem Programm, geschichtsträchtige Plätze wie das Holocaust-Mahnmal in der Nähe des Bandenburger Tores wurden aufgesucht, und es ging auf eine Street-Art-Tour durch Friedrichshain und Kreuzberg bis hin zur East-Side-Gallery. An den unterschiedlichsten Plätzen fanden die jungen Leute Zeugnisse von Demokratie, Frieden und Freiheit. Begriffe wurden greifbar, eine eigene Perspektive entwickelte sich.

Zwei Wochen später wurden 20 der Projektteilnehmer bei einem dreitägigen Workshop selbst kreativ. Mit viele Fantasie und unter der Anleitung von drei Street-Art-Künstlern aus Osnabrück und Hamburg verwandelten sie ihre Gedanken in Bilder und schließlich zu einem großen Gemälde.

Gelebte Demokratie: Über Slogan „We live in Freedom“ wurde abgestimmt

Dabei ging es höchst demokratisch zu: Auf den Slogan „We live in Freedom“ (Deutsch: Wir leben in Freiheit) einigte man sich per Abstimmung, das Motiv jedes Einzelnen wurde auf dem Gesamtkunstwerk verewigt. Auf dem haben Selbstverständliches wie Handy, Musik und Reisen (Motiv Haus am Ballon) ihren Platz neben Symbolen für Freiheit (Freiheitsstatue), Frieden (weiße Taube) und Verbundenheit (Weltkugel). Das Graffiti soll andere zum Nachdenken anregen, sagt Daniela Saadhoff-Waalkens. Für die Jugendlichen und mit ihnen hofft sie, dass sich dessen Botschaft „Wer wir sind und was uns verbindet“ verbreitet: In Deutschland, den Niederlanden und möglichst darüber hinaus.

Das Leewerk-Projekt „Graffiti and Democracy“ wurde mit Fördermitteln des Niedersächsischen Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie, des Interreg-Programms Deutschland-Nederland und einer Ko-Finanzierung der Europäischen Union realisiert.

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