Infrastruktur Schnieders Bescherung: Baufreigabe für neue Autobahnprojekte

Andreas Hoenig, dpa
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Von Andreas Hoenig, dpa
| 02.12.2025 12:11 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Minister Schnieder: An vielen Orten in Deutschland werde es bald heißen: „Endlich Baustelle“. (Archivbild) Foto: Jan Woitas
Minister Schnieder: An vielen Orten in Deutschland werde es bald heißen: „Endlich Baustelle“. (Archivbild) Foto: Jan Woitas
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Normalerweise stehen Minister an fertigen Autobahnabschnitten und durchschneiden Bänder. Bundesverkehrsminister Schnieder inszeniert nun Baufreigaben. Es gibt eine Vorgeschichte.

An vielen Orten in Deutschland gibt es bald Baustellen - der Grund: zahlreiche Neubauprojekte bei Autobahnen und Bundesstraßen werden umgesetzt. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) erteilte Baufreigaben und übergab entsprechende Schreiben an Vertreterinnen und Vertreter von Ländern. 

Konkret geht es laut Ministerium um 16 Bundesstraßen- und 7 Autobahn-Neubauprojekte in 12 Bundesländern - zum Beispiel um Lückenschlüsse und den mehrspurigen Ausbau bei Autobahnen sowie bei Bundesstraßen um Ortsumgehungen.

Zusätzliches Geld

Die Spitzen der Koalition aus CDU, CSU und SPD hatten im Oktober entschieden, dass für den Neubau von Straßen drei Milliarden Euro zusätzlich bereitstehen. „Alles, was baureif ist, wird gebaut“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Die Koalition schichtete Mittel im Milliarden-Sondervermögen für Infrastruktur um - einem Sondertopf. Dafür wurde Geld im Kernhaushalt frei.

Zuvor hatte es Aufregung und viel Kritik gegeben, nachdem das Verkehrsministerium von Milliarden-Finanzlöchern für Neu- und Ausbauprojekte bei Autobahnen und Bundesstraßen gesprochen hatte. Im September schrieb das Ministerium, für Projekte, für die bereits Baurecht vorliege oder dieses bis 2029 erwartet werde, könnten auf Basis der aktuellen Finanzplanung keine Baufreigaben erteilt werden - darunter waren auch Vorhaben, für die Schnieder nun die Baufreigabe erteilte.

Damit könnten die Länder und die Autobahn GmbH des Bundes die Ausschreibungen planen und einleiten und dann mit dem Bau beginnen, so der Minister. Insgesamt investiere der Bund für die Projekte bei den Bundesstraßen rund 710 Millionen Euro, bei den Autobahnen rund 3,6 Milliarden Euro.

Baustellen als „Versprechen“ 

Schnieder sagte, an vielen Orten in Deutschland werde es bald heißen: „Endlich Baustelle.“ Mancher verbinde damit Stau, Umleitung und Lärm. Aber eine Baustelle sei auch das Versprechen: „Es geht voran und es wird besser, wenn die Baustelle abgeschlossen ist“, so der Minister. „Wir schließen Autobahnlücken, binden den ländlichen Raum besser an, sparen so auch noch Abgase und CO2-Emissionen ein, weil wir den Menschen und Unternehmen Umwege ersparen.“ Neue Bundesstraßen entlasteten Ortskerne. 

Bundesverkehrsminister Schnieder: Baustellen stehen für Aufbruch. Foto: Markus Lenhardt
Bundesverkehrsminister Schnieder: Baustellen stehen für Aufbruch. Foto: Markus Lenhardt

Bei der Veranstaltung im Ministerium dabei: drei Landesminister und andere Vertreterinnen und Vertreter der Länder, die Autobahn GmbH des Bundes und einige Bundestagsabgeordnete.

Jahrelange Planungen

Zu den Projekten, für die es nun eine Baufreigabe gibt, zählt der sogenannte Albauf- und -abstieg der A8 zwischen Mühlhausen und Hohenstadt. Kosten: rund 1,4 Milliarden Euro. Die berüchtigte Engstelle sorgt seit Jahren für Staus und Ärger.

Konkret geht es laut Ministerium um 16 Bundesstraßen- und 7 Autobahn-Neubauprojekte in 12 Bundesländern - zum Beispiel um den Albaufstieg. Foto: Bernd Weissbrod
Konkret geht es laut Ministerium um 16 Bundesstraßen- und 7 Autobahn-Neubauprojekte in 12 Bundesländern - zum Beispiel um den Albaufstieg. Foto: Bernd Weissbrod

Daneben geht es etwa um Bauabschnitte der Küstenautobahn A20 in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Es sind Projekte, die teilweise seit vielen Jahren geplant wurden und umstritten sind. 

Beispiel ist der Weiterbau der A20 bei Bad Segeberg in Schleswig-Holstein: Erst vor wenigen Wochen vereinbarten das Land Schleswig-Holstein und der Umweltverband BUND mehr Fledermausschutz. 2013 hatte das Bundesverwaltungsgericht den Weiterbau der Autobahn gestoppt. Die Richter sahen den Fledermausschutz als nicht ausreichend beachtet an. Als Folge des Urteils entschieden sich die Planer für den Bau von Tunneln und Leitstrukturen wie Schutzwände, damit die Fledermäuse nicht mit Lastwagen kollidieren.

Die Baufreigabe gilt auch für Abschnitte der A20. (Archivbild) Foto: Markus Scholz
Die Baufreigabe gilt auch für Abschnitte der A20. (Archivbild) Foto: Markus Scholz

Auch um den Lückenschluss der A1 tobten viele Diskussionen und Streit. Erst vor zwei Wochen gab das Bundesverwaltungsgericht grünes Licht für den ersten Teil des Lückenschlusses der Autobahn 1 in der Eifel. Schnieder, der aus Rheinland-Pfalz kommt, erteilte nun die Baufreigabe für den zehneinhalb Kilometer langen Abschnitt zwischen Kelberg und Adenau. 

Bisher weicht der Verkehr auf Bundes- und Landstraßen in der Region aus, was viele Gemeinden belastet. Schnieder sprach deswegen auch von „mehr Lebensqualität“, die es künftig geben solle. Das soll bei Bundesstraßen auch für Ortsumgehungen gelten, damit Gemeinden vor allem vom Schwerlastverkehr entlastet werden.

„Wir kommen langsam wieder in die Spur“, kommentierte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, die Baufreigaben. Die Branche halte trotz Auftragsmangels seit Monaten Kapazitäten vor. Notwendig sei jetzt Kontinuität.

Kritik von Umweltverbänden

„Deutschland hat bereits eines der dichtesten Straßennetze der Welt – wir brauchen nicht noch mehr Straßen, sondern müssen die vorhandene, aber bröckelnde Infrastruktur erhalten“, sagte Christiane Rohleder, Bundesvorsitzende des ökologischen Verkehrsclubs VCD. Der BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg sagte, der Zustand bestehender Bücken, Schienen und Straßen werde stetig schlechter. 

Die Grünen-Haushälterin Paula Piechotta kritisierte: „Schnieder wirkt mit seinem Startschuss für neue Straßenprojekte wie ein Häuslebauer, der eigentlich sein löchriges Dach reparieren muss, aber stattdessen lieber einen Wintergarten anbaut, während das Dach weiter verfällt.“

Schiene

Finanzlücken gibt es auch für den geplanten Neubau von Bahnstrecken - und bisher gibt es keine Lösung. Im September sagte ein Sprecher Schnieders, für den Bahn-Neubau fehlten bis 2029 rund 2,5 Milliarden Euro. Der Neu- oder Ausbau von Strecken gilt als zentral, um die Ziele des „Deutschlandtakts“ erreichen zu können. Dieser soll irgendwann die wichtigen Hauptachsen des Fernverkehrs im halbstündlichen Rhythmus verbinden. Das soll zu besseren Umsteigemöglichkeiten und deutlich kürzeren Reisezeiten führen.

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